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Hoffnung nach dem Weltklimagipfel

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Warum weniger besser ist

Nach dem Weltklimagipfel 2015 in Paris herrscht Aufbruchstimmung und Hoffnung auf echte Veränderungen. Ganz oben auf der Agenda steht jetzt, weniger Energie zu verbrauchen. Dabei geht es nicht um Verzicht, sondern um ein besseres Leben und die Frage: In was für einer Welt wollen wir leben?

Nach „dem Wunder von Paris“, wie Spiegel Online am Tag danach titelte, gibt es kein Zurück mehr ins fossile Energiezeitalter. Denn wer sich zum Zwei-Grad-Ziel bekennt, muss in den nächsten Jahrzehnten die Energiewende weltweit vorantreiben.

Entscheidend ist nicht das Kleingedruckte im Vertrag, das Interessen einzelner Länder berücksichtigt, sondern dass sich fast 200 Nationen im Geist der Einheit und Verbundenheit auf dieses historische Klima-Abkommen geeinigt haben. Hinter dem Zwei-Grad-Ziel steht die gemeinsame Vision aller Menschen.

Was bedeutet das für den Einzelnen?

Umweltschützer diskutieren seit Jahrzehnten, wie man den Menschen, besonders in den Wohlstandsgesellschaften, Maßnahmen zum Schutz des Klimas schmackhaft machen kann. Die Worte „Verzicht“, „Sparen“, „weniger ist mehr“ machten intern die Runde. Aber niemand wollte es laut sagen, weil es nicht attraktiv klingt.

Mit der Vision von Paris im Rücken haben wir die große Chance, unsere Werte und Prioritäten neu zu ordnen und uns zu fragen: Was ist für uns eigentlich das „gute Leben“?

Das Leben in den westlichen Konsumgesellschaften – und bald rund um den Globus – dreht sich vorwiegend um Arbeit und Konsum. Wir müssen etwas leisten, die Familie ernähren, beruflich vorangekommen, die Firma voranbringen und dafür setzen wir einen Großteil unserer Lebenszeit ein. Acht oder mehr Stunden arbeiten, aber damit hört es nicht auf. Zu Hause werden E-Mails gecheckt, Papiere gewälzt – und der Kopf macht täglich Überstunden.

Zum Ausgleich für dieses stressige Leben, das uns immer mehr von uns selbst und unseren tieferen Bedürfnissen entfernt, gönnen wir uns etwas und konsumieren: Surfen im Internet, Fernsehen, Shoppen gehören zu den gängigsten Freizeitaktivitäten. Dies ist aber mehr Kompensation als Lust. Da wir uns ausgebrannt fühlen, ist die freie Zeit nicht wirklich Muße-Zeit. Das heißt: Was uns von Werbung und Industrie als Fülle verkauft wird, ist eigentlich ein armes Leben.

Obendrein ist dieses Leben CO2-intensiv. Arbeit und Konsum sind die größten CO2-Quellen. Daher hängt die Überlegung, wie wir das Klima schützen und die weitreichenden Beschlüsse zum Klimaschutz umsetzen, mit der Frage zusammen: Wie wollen wir eigentlich leben und was ist uns wichtig? Und wie stellen wir uns die Welt von morgen vor? Unsere Welt, aber auch die Welt unserer Kinder und Enkel, für die wir Verantwortung tragen.

Was wir gewinnen, wenn sich etwas ändert

Zwei Beispiele: In den 70er Jahren zur Zeit der Ölkrise wurden die Autofreien Sonntage eingeführt. Ich erinnere mich noch heute lebhaft an diese Erfahrung meiner Kindheit: Kein Auto weit und breit, kein Lärm, keine Abgase. Man konnte in den Städten flanieren, Kinder einfach zum Spielen nach draußen schicken. Die Autobahnen und Landstraßen boten Fläche zum Radeln, Rollschuh fahren, Rennen und Toben. War das Verzicht oder nicht viel mehr ein Mehr an Lebensqualität?

Stellen wir uns spaßeshalber vor, dass für den Schutz des Klimas Autos aus den Städten weitgehend verbannt werden (außer für bestimmte Zwecke wie Anlieferung, Krankentransporte usw.), während Radwege und Öffentliche Verkehrsmittel ausgebaut würden. Die Menschen könnten sich die Lebensräume zurückerobern, lebendige Plätze schaffen, um sich zu treffen und miteinander ins Gespräch zu kommen, bessere Luft atmen, mehr Grünanlagen kreieren und sogar Gärten für den Anbau von Obst und Gemüse. Wäre das Verzicht?

Ein anderes Beispiel ist die Mobilität. Wir legen großen Wert darauf, mobil zu sein: Dazu gehört, am Wochenende zu einer Ausstellung nach Barcelona oder zum Shoppen nach Mailand zu jetten. Städter setzen sich am Freitagabend gern ins Auto, paradoxerweise, um dem lauten, stressigen Leben der Stadt zu entfliehen – Kilometer lange Staus auf Hin- und Rückfahrt inklusive.

Ist das Lebensqualität, wenn wir in unseren Städten nicht mehr zu Hause sind? Wenn wir wie die Getriebenen ständig auf Achse sind? Wäre es nicht besser, Muße zu haben und Zeit zur kreativen Entfaltung, die dann geschieht, wenn wir gerade nicht mobil sind?

Dies sind nur zwei Beispiele, wie sich Klimaschutz und ein Mehr an Wohlergehen verbinden könnten. Es gibt unzählige mehr – und sie alle hängen mit CO2-Emissionen und Klimafragen zusammen: Macht der Verzehr von Fleisch aus Massentierhaltung und Tierquälerei glücklich? Ist ein Urlaub, für den wir ins Flugzeug steigen müssen, besser als die Erkundung näherer Umgebungen? Könnten wir ohne Wälder leben, die heute für den massenhaften Konsum von Möbeln, Papier usw. abgeholzt werden? Jeder mag sich seine eigenen Beispiele dafür ausdenken, ob weniger nicht besser sein könnte.

Das größte Hindernis für den Klimaschutz ist unsere hartnäckige Abneigung gegen Veränderungen. Da gibt es zum einen die Angst davor, Altes hinter sich zu lassen, sich dem Unbekannten, Neuen zu öffnen, von dem man nicht weiß, wie es werden wird.

Zum anderen fehlen die Fantasie und der innere Freiraum, uns das Leben anders vorzustellen. Und hier hat der Weltklimagipfel neue Perspektiven eröffnet und eine große Vision in die Welt gesetzt. Mit diesem Rückenwind können wir uns jetzt daran machen, unsere tieferen menschlichen Bedürfnisse zu entdecken.

Wie sehen wir die Welt von morgen – und zwar nicht nur unsere eigene mit der begrenzten Lebensspanne. Was für eine Welt möchten wir künftigen Generationen hinterlassen? Der Klimagipfel von Paris ist ein Aufbruch nicht nur ins Zeitalter der Erneuerbaren Energien, sondern auch in eine Welt der Möglichkeiten und Chancen auf ein besseres Leben.

Birgit Stratmann

Birgit Stratmann ist verantwortliche Redakteurin dieser Website. Sie arbeitet seit vielen Jahren als Texterin für Greenpeace.

 

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Vielen Dank für diesen guten Artikel!
Meiner Ansicht nach stellt er genau die Fragen, die wir, d.h. jeder für sich selbst beantworten muss:
– Was ist für uns das „gute Leben“?
– Wie wollen wir leben und was ist uns wichtig?
– Wie stellen wir uns die Welt von morgen vor?
– Ist Verzicht immer mit einem Verlust an Lebensqualität verbunden oder kann Verzicht nicht auch einen Gewinn an Lebensqualität bedeutet?

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