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Du bist, was du isst

Eisenhans/ fotolia.com
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Gegen gedankenloses Shoppen im Supermarkt

Es macht mich ratlos bis fassungslos, wenn ich im Supermarkt in der Schlange stehe und beobachte, was die Leute an der Kasse so aus ihren Einkaufswägen zutage fördern!
Ja, ich gebe zu: aus einem gewissen finanziellen Pragmatismus heraus kaufe ich einen bestimmten, überschaubaren Teil meiner Nahrung beim Discounter. Dabei greife ich natürlich auf das kleine, aber immerhin vorhandene Biosortiment zurück.
Auf dem Förderband an der Kasse liegen meine Bio-Nudeln, -Möhren und -Kartoffeln (Letztere kaufe ich – aus ökologischen, nicht aus nationalistischen Gründen – in der Regel nur, wenn sie in Deutschland und nicht in den Niederlanden angebaut wurden), verloren zwischen Bergen sonderbarer Fertigprodukte von Nestle, Unilever & Co, eingeschweißter Wurst- und Fleischwaren, genormtem und überspritztem Obst und Gemüse und bunten Süßigkeiten aus billigem Industriezucker.
Der Blick auf das, was sich da auf dem schwarzen Förderband Richtung Kassiererin bewegt, löst, zumindest in mir, oft eine Mischung aus Ekel und Mitleid aus, manchmal Empörung. Mir tun die Kinder keid, die das essen müssen! Was da vorwärtsruckelt, ist das Billigste vom Billigen. Das Meiste davon würde ich nicht einmal anrühren, wenn ich total betrunken wäre; ich müsste schon am Verhungern sein.

„Ich leiste mir Bio, obwohl ich unter Harz4-Niveau lebe“

Statistisch wurde ermittelt, dass all unsere europäischen Nachbarn mehr Geld für ihre Ernährung ausgeben als wir Deutschen. Und leider ist Ernährung heutzutage nicht nur eine Frage des guten Geschmacks, der Gesundheit und der Ästhetik – es ist auch eine ethische Frage.
Wisst Ihr überhaupt, was Ihr da anrichtet mit Euren gedankenlosen Shopping-Gewohnheiten?
Was da über´s Förderband läuft, hat verheerende soziale und ökologische Auswirkungen, es ist Tierquälerei und wirkt systematisch an der Zerstörung unserer Lebensräume mit – und zwar global. Und noch dazu macht es Euch krank, Euch und Eure Kinder.
Ich höre schon die zwei Hauptargumente gegen Bioprodukte: 1. Kann ich mir nicht leisten. 2. Ist doch eh’ nicht das drin, was drauf steht.
Zum ersten Argument: Wenn ich mir das leisten kann, dann gibt es hierzulande wohl kaum jemanden, der es sich nicht leisten könnte! Ich lebe seit Jahren unter Harz4-Niveau und kaufe mir trotzdem Bioessen. Einkaufen will halt gelernt sein.
Man muss herausfinden, was man wann und was man wo kauft. Tomaten im Winter sind teuer. Milch ist beim Bauern billiger als bei Aldi. Äpfel gibt´s auf dem Wochenmarkt als 2. Wahl; die sind vielleicht etwas schrumpeliger und kleiner, schmecken aber genauso gut.
Darüber hinaus muss man Prioritäten setzen. So wie unsere europäischen Nachbarn es tun. Deren Durchschnittseinkommen liegt bestimmt nicht über dem unseren, aber ihnen scheint gutes Essen wichtiger zu sein als ein protzigesLeasing-Auto.
Und zu Argument Nr. 2: Missbrauch und schwarze Schafe gibt es überall. Aber der Biosektor ist ganz gewiss der am schärfsten kontrollierte in der ganzen Lebensmittelbranche, und selbst der mit dem EU-Biosiegel garantierte Mindeststandard setzt neue Qualitätsmaßstäbe.
Die Nachfrage nach ökologisch erzeugter Nahrung, Kosmetik und Kleidung steigt zum Glück beträchtlich, und mit der Nachfrage steigt bekanntlich das Angebot. „Bio‟ heißt ja schon lange nicht mehr „anbauen wie zu Großmutters Zeiten‟– man kann durchaus Landwirtschaft im großen Maßstab betreiben, ohne den Planeten zu ruinieren. Und in einer Studie der Weltgesundheitsorganisation habe ich kürzlich gelesen, das ökologischer Landbau die einzige nachhaltige Antwort auf den weltweiten Hunger ist. Also: Lasst uns beim Einkaufen ein bisschen nachdenken!
Michael Feike

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Mit Referenten aus verschiedenen Disziplinen.

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