Zwei Bücher des Unternehmers Bodo Janssen
Bodo Janssen, Geschäftsführer der Hotelgruppe Upstalsboom, hat sich und sein Unternehmen neu erfunden: Heute steht für ihn der Mensch im Zentrum des Handelns. Gerald Blomeyer stellt zwei Bücher vor, die Janssens berufliche und persönliche Erfahrungen lebendig vermitteln.
Nicht wertgeschätzt zu werden, war für ihn der Anlass, sein Leben vollständig neu auszurichten. Im Jahr 2010 startete Bodo Janssen, Geschäftsführer der Hotelgruppe Upstalsboom, eine Umfrage unter seinen Mitarbeitern. Auf die Frage „Was brauchst Du, um besser arbeiten zu können?“, antwortete einer: „Einen anderen Chef als Bodo Janssen.“ Das saß.
Er ließ die Gefühle des Versagens zu und ging in sich. Anderthalb Jahre lang verbrachte er regelmäßig ein paar Tage im Monat mit Meditation und Gesprächen, ihm gegenüber saß der Mönch Pater Anselm Grün im Benediktiner-Kloster in Münsterschwarzach.
Zwei Bücher sind aus diesen Begegnungen entstanden. “Die stille Revolution” und “Stark in stürmischen Zeiten”. Auf dem Hintergrund der Erfahrungen im Kloster hat Janssen für seine Hotelkette eine komplett neue Unternehmensstruktur aufgebaut. Die neue Basis heißt: gegenseitige Wertschätzung. Sie ist erfolgreicher als je zuvor.
Die stille Revolution – Führen mit Sinn und Menschlichkeit. Von Bodo Janssen mit Regina Carstensen, 288 Seiten, (c) Ariston, 2016, 6. Auflage, gebunden
Bodo Janssen, geb. 1974, lässt uns in dieser Autobiographie tief sein Leben und seine Emotionen eintauchen. Das reicht von der Kindheit über das Luxus-Leben als Model. Dann die Schicksalsschläge: Er wurde entführt und war täglich aufs Sterben gefasst. Unerwartet musste er die Hotelkette Upstalsboom von seinem Vater, der bei einem Flugzeugabsturz umkam, übernehmen.
Der Leser erfährt in dem Spiegel-Bestseller, der in 6. Auflage vorliegt, nicht nur etwas über das private Leben von Bodo Janssen, sondern auch seine beruflichen Umwälzungen. Es zeichnet seinen Weg vom normalen Geschäftsmann zu einem Ausnahmeunternehmer, für den der Mensch im Zentrum des Handelns steht.
Ein Schlüssel zu seinem Erfolg sah er in dem Zitat von Hildegard von Bingen: „Die Kunst der Menschwerdung besteht darin, die Wunden in Perlen zu verwandeln.“ Wer bereit ist, sich verletzlich zu zeigen, wird zugleich auch bescheidener, offener und ehrlicher sich selbst gegenüber.
Janssens Erfolg baut auf dieser Einsicht auf und hat ein starkes Fundament. Für ihn zählten zunächst die Antworten auf drei Fragen: Was ist für dich wesentlich? Was ist dein Talent? Was bereitet dir Freude? Daraus entwickelte er die Fragen für sein Leitbild: Wofür stehe ich? Was sind meine Werte und Ziele?
Seine so gewonnenen Erkenntnisse schlagen sich, wie wir nachlesen können, in seinem Arbeitsalltag nieder: Es geht darum, dass die Mitarbeiter ihre Potenziale erkennen und in die Arbeit einbringen. Führung wird zu einer Dienstleistung, zur begleitenden Beratung. Entscheidungen sollen in interdisziplinären und nicht hierarchischen Gremien getroffen werden. Die Führungskräfte koordinieren die verschiedenen Ideen, die zu einer Lösung führen. Dieses Thema bearbeitet Janssen in seinem zweiten Buch ausführlich.
Stark in stürmischen Zeiten – Die Kunst, sich selbst und andere zu führen von Bodo Janssen, Pater Anselm Grün , Regina Carstensen © Ariston Verlag 2017, 2. Auflage, 256 Seiten
Das zweite Buch von Bodo Janssen, das er gemeinsam mit Pater Anselm Grün geschrieben hat, handelt von Führung auf der Basis gegenseitiger Wertschätzung, Verbundenheit, Offenheit und gemeinsamer Ziele. Zentral weiterhin ist die Selbsterkenntnis: „Nichts ändert sich, bis du dich selbst änderst, und dann ändert sich alles.“
Grün und Janssen suchen beide nach einem gelingenden Miteinander und dem Sinn ihres Tuns. Das betrifft sowohl das gewinnorientierte Unternehmen als auch die religiöse Gemeinschaft. Sie empfehlen, als Fundament einige Rituale zu erfinden, die das Leben einfacher, zufriedener und ruhiger machen.
„Nur aus der Ruhe heraus ist es möglich zu führen,“ schreibt Anselm Grün. „Die Sicherheit, Stärke, aber vor allem auch Ruhe und Kraft, die wir uns wünschen, werden wir weder in der Zukunft noch in der ständig komplexer und verrückter werdenden Welt finden, sondern in uns!“ Die Meditation sei deshalb ein regelmäßiger Bestandteil des Arbeitsalltags.
Im ersten Teil beschreibt Anselm Grün, der 300 Bücher geschrieben hat, die rund 15 Millionen mal verkauft wurden, und Unternehmen berät, die Erkenntnisse, die für Janssen wichtig waren. Wer führen will, muss sich selbst erst einmal führen lassen. Wie lässt man sich führen – und wenn ja, wohin lasse ich mich führen? Dazu gibt es im Buch gleich auch Übungen, die einem helfen können, den eigenen Wandel einzuleiten.
Im zweiten Teil zeigt Bodo Janssen, wie sich diese Regeln im Unternehmensalltag leben lassen. Er beschreibt auch, warum die Transformation des Unternehmens nicht immer reibungslos verlief. Erfolgreiches Führen muss von den Bedürfnissen der Mitarbeiter ausgehen. Bis zum selbstbestimmten Gehalt und zu selbstbestimmten Unternehmenseinheiten lässt das flexible Modell viel Individualität zu.
Auf dieser Basis lassen sich andere in Entscheidungen einbeziehen und fremde Perspektiven nutzen, egal, ob sie aus der Führungsetage oder von einem Praktikanten kommen. Sinn stiftet das, was man selbstverantwortlich, kreativ und mit anderen erarbeitet. Die gemeinsame Suche nach Lösungen schafft die Motivation, die gewünschte Zukunft zu verwirklichen. Dazu werden alle Informationen transparent geteilt. Produktiv ist, dass die Teams sich in hohem Maße selbst kontrollieren. Das frühe Feedback soll helfen, Konflikte zu verhindern bzw. lösen. Grade bei Krisen fördert das gemeinsame Nachdenken ein Gefühl der Zusammengehörigkeit.
Fazit: Konzeptionell sind Janssen und Grün im Bereich der New Work zu verorten, wo persönliches Wachstum die Grundlage von wirtschaftlichem Wachstum ist. Das Ziel des Wirtschaftens ist auf den gemeinsamen Sinn für die Entwicklungsrichtung der Organisation zu vertrauen.
Bodo Janssens Weg von der schmerzhaften Selbsterkenntnis zur Offenheit der prozessorientierten Betriebsführung beeindruckt. Es ermöglichte unternehmensweit das Vertrauen und die Lebensfreude seiner Mitarbeiter zu steigern. Die Zufriedenheit der fast 700 Mitarbeitern wuchs auf 80 Prozent, die Krankheitsrate sank von acht auf drei Prozent.
Um die Vision vom glücklichen Menschen zu verstetigen, hat die Unternehmerfamilie beschlossen, die Firmengruppe Upstalsboom in eine gemeinnützige Stiftung umzuwandeln. Das ist aufregend und anregend!
Gerald Blomeyer