Für eine bessere Welt

(Grafik: fuereinebesserewelt.info)
(Grafik: fuereinebesserewelt.info)

Aufruf zum Netzwerken und Handeln

Bei einer„Mitmach-Konferenz für engagierte Menschen, Projekte, Organisationen und Unternehmen“ wurden in Hamburg Themen wie Medien, Politik, Frieden, Ernährung, Wertewandel, Umweltschutz und Konsumverzicht diskutiert. Die Debatten werden im Internet fortgesetzt.

„Was kann man als Einzelner für eine bessere Welt tun? Wie lassen sich gemeinnützige Initiativen und Bewegungen, Bürgerprojekte und Social-Start-Ups voranbringen?“ Mit diesen Fragen beschäftigten sich rund 150 Teilnehmer bei der „Konferenz für eine bessere Welt“ am 7. September 2014 in Hamburg. Initiiert wurde die Veranstaltung von den Journalisten Ilona Koglin und Marek Rohde.
Einen Sonntag lang drehte sich hier in Workshops, Sessions und Vorträgen alles um Themenschwerpunkte wie Medien, Politik, Frieden, Ernährung, Wertewandel, Umweltschutz und Konsumverzicht. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen sieben Talkrunden der Referenten mit dem Publikum.

„Unabhängige Medien unterstützen, neue Finanzierungsmodelle finden“

Dominik Brück (Foto: Deborah Weinbuch)
Dominik Brück (Foto: Deborah Weinbuch)

Dominik Brück vom Nachrichtenmagazin „hh-mittendrin.de“ bemängelte Online-Inhalte minderer Qualität, die nur mit dem Ziel hoher Klickzahlen produziert würden. Die ausschließliche Finanzierung durch Werbung führe zu einem Verlust an inhaltlicher Relevanz. Ziel müsse es sein, dass Medien unabhängig blieben und sich auf andere Weise finanzierten.
Man müsse neue Zahlungsmodelle entwickeln. Kleinere Medienanbieter könnten zum Beispiel versuchen, sich durch Crowdfunding zu finanzieren: „Wir wollen nicht, dass ihr im Web stattdessen mit euren Daten zahlt.“
Viele Medienunternehmen wären Dominik zufolge noch nicht im digitalen Zeitalter angekommen, es würde an Know-how fehlen. Trotz des Zeitungssterbens herrsche weiterhin die Einstellung vor, dass Print besser als Online sei, was sich auch in unterschiedlichen Autorenhonoraren äußern würde.
Fazit der Diskussion war, dass die Kommunikation noch immer zu sehr von großen Verlagen dominiert werde. Es würden stattdessen mehr Netzwerke sowie alternative Such- und Darstellungsmöglichkeiten benötigt, Meinungsmonopole müssten zugunsten von mehr Meinungsvielfalt aufgebrochen werden.

„Demokratie stärken, bessere Bürgerbeteiligung ermöglichen“

Gregor Hackmack (Foto: www.fuereinebesserewelt.info)
Gregor Hackmack (Foto: fuereinebesserewelt.info)

Gre­gor Hack­mack ist Mit­grün­der von „abgeordnetenwatch.de“ und Autor des Buchs „Demokratie einfach machen“. Seiner Ansicht nach steht die Demokratie unter großem Druck. Seine Themenschwerpunkte sind der Vertrauensverlust der Wähler in die Politik, der sich unter anderem durch die niedrige Beteiligung an Wahlen äußern würde.
Der Einfluss des Geldes hätte Korruption und Intransparenz zur Folge. Ein weiteres Problem wäre die Oligarchiebildung: Politiker würden vielfach nicht das tun, wofür sie gewählt worden wären.
Vom Publikum wird mehr Bürgerbeteiligung angemahnt. Gregor nannte als Beispiel den kürzlich via Bürgerentscheid in Hamburger verhinderten Plan zur Installation einer Seilbahn über die Elbe. Er sagte: „Vor zehn Jahren hätten die Politiker das einfach entschieden. Seit es in Hamburg wieder Bürgerentscheide gibt, geht es auch anders.“
Gemeinwohl-Ökonomie ist für Gregor der beste Ansatz. Er möchte weg von der reinen Profit-Logik und plädiert für mehr Demokratiebeteiligung, die sich gegen wirtschaftliche Interessen richtet.

„Frieden schaffen, Dialogbereitschaft fördern“

Detlef Mielke (Foto: Deborah Weinbuch)
Detlef Mielke (Foto: Deborah Weinbuch)

Detlef Mielke ist aktiv in der “Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner” (DFG-VK) und setzt sich für Abrüstung und gewaltlose Konfliktlösungen ein.
„Die gängige Behauptung, dass Kriege dazu gut sind, die Welt besser zu machen, ist nicht in meinem Namen”, sagt er. Sein Ziel ist es, „die Bundeswehr als Herrschaftsinstrument zu beseitigen“.
Die Hauptinteressen für Kriegsführung sieht Detlef in den wirtschaftlichen Interessen der Rüstungsindustrie sowie in „energiepolitischen und territorialen Gründen“. Als weiteres Problem benannte er die „Teilnahmslosigkeit von Menschen, die nicht unmittelbar von Kriegen betroffen sind“.
Dennoch gibt es ihm zufolge bereits Lösungsansätze: Die Mehrheit der Deutschen sei inzwischen gegen Kriege und die Entwicklung der letzten Jahrzehnte empfindet er zum Teil als positiv: So wäre zum Beispiel eine Annäherung im Ost-West-Konflikt erfolgt. Es gebe zudem mehr Konfliktlösungsinstrumente und staatliche Institutionen zur Friedenssicherung wie die OSZE.
Wichtig sei mehr Dialogbereitschaft. Detlefs Fazit: „Aus der Erkenntnis muss das Handeln kommen.“

„Weniger Fleisch und weniger Billig-Lebensmittel“

Harald Lemke (Foto: Deborah Weinbuch)
Harald Lemke (Foto: Deborah Weinbuch)

Harald Lemke lehrt an der Uni­ver­si­tät Salz­burg Gas­tro­so­phie. Er enga­giert sich für den Ausstieg aus der Mas­sen­tier­hal­tung und für Ernäh­rungs­sou­ve­rä­ni­tät. Zudem ist er Autor und Her­aus­ge­ber meh­re­rer Bücher, wie „Ethik des Essens“.
Wie können wir unsere Esskultur verändern, Alternativen zur Massentierhaltung – vom Fleischverzicht hin zu veganer Ernährung – finden, Übergewicht und ernährungsbedingte Krankheiten vermeiden und den Welthunger bekämpfen?
Harald zufolge beginnt Krieg bereits im Supermarkt! Er legt Wert darauf, die gesellschaftliche Relevanz der Ernährung zu kommunizieren. Und er betont, dass Ernährung nicht Privatsache sei, sondern das Weltgeschehen beeinflusse: „Wir sind ethische Subjekte!“ Und wir sollten handeln, aber uns dabei nicht unter Zeitstress setzen.
„Weniger Fleisch und weniger Billig-Lebensmittel wären angebracht. Man brauche zwar ein gewisses Maß an Geld, um die ethischen Handlungsoptionen im Supermarkt wahrzunehmen. Letztlich sei dies aber auch eine Frage der Prioritäten, denn den meisten Menschen wäre ihr Auto wichtiger als gesunde Ernährung. Man solle selbst mehr kochen und sich – zusammen mit anderen – mehr Zeit für das Essen nehmen.

„Konformismus vermeiden, neue Werte entwickeln“

Ben Paul (Foto: www.fuereinebesserewelt.info
Ben Paul (Foto: fuereinebesserewelt.info)

Ben Paul hat das Blog-Pro­jekt „anti-uni.com“ gegründet. Er richtet sich damit an junge Men­schen, die auto­di­dak­tisch ler­nen, Unter­neh­men grün­den und Pro­jekte star­ten wollen.
Beim Talk stellte er sich den folgenden Fragen: „Die Welt der ökonomischen Konkurrenz und das Kosten-Nutzen-Denken bestimmen uns immer mehr. Dennoch wenden sich viele Menschen gegen die Leistungsgesellschaft. Lebensqualität, Glück und Gemeinschaft sind ihnen wichtiger. Wie können wir gemeinsame Werte finden?“
Ben kritisierte die Konformität im Bildungssystem. Er sagte: „Ich habe schon als junger Mensch die Möglichkeit, meine eigenen Werte zu entwickeln. Was ich an der Uni gemacht habe, bin nicht ich. Ich habe mich gefragt, was mich wirklich antreibt und wie ich es in diesem System umsetzen kann. Und das auf eine Weise, die sowohl mir hilft als auch andere inspiriert.“
Für Ben sind Werte ein „innerer Kompass“. Man müsse mehr Bewusstsein dafür entwickeln, welche persönlichen und gesellschaftlichen Folgen es hätte, wenn man zum Beispiel für bestimmte Unternehmen arbeite. Mit seinem Blog will er zum Nachdenken anregen: Die Erkenntnisse daraus blieben aber nur Theorie, wenn man sie nicht auf die Straße brächte. Beides müsse verbunden und vorgelebt werden.

„Gemeinsam für den Umweltschutz“

Ute Bertrand (Foto: fuereinebesserewelt.info)
Ute Bertrand (Foto: fuereinebesserewelt.info)

Ute Bertrand ist Pressesprecherin der Umweltschutz-Organisation “Robin Wood”. Ihre Themenschwerpunkte sind Klimaschutz, Mobilität, Ernährung und Energie: Um etwas für die Umwelt zu tun, müsse man auf die Politik der Konzerne einwirken. Konzerne, die ein Image zu verlieren hätten, wären mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen angreifbar.
In solchen Fällen nütze es auch etwas, wenn sich kleine Organisationen engagierten. Ute erklärte: „Der Einzelne hat mehr Macht, als wir denken. Wenn wenige Menschen sich zu Gruppen zusammenschließen, kann man eine Menge bewirken.“
Wichtig sei, dass man einen Ort hätte, an dem man sich treffen könne, um gemeinsame Aktionen zu machen. Online-Aktivitäten wären wichtig, könnten aber nicht alles ersetzen. Zudem sei eine Konzentration auf lokale Angelegenheiten sinnvoll: „Wir haben nur einen begrenzten Wirkungskreis und diesen sollten wir auch nutzen.“
„Kann man überhaupt noch etwas bewirken oder ist der Zug längst abgefahren?“ Ute verwies darauf, dass zum Beispiel nach AKW-Katastrophen wie in Harrisburg und Tschernobyl ein starkes Umdenken stattgefunden hätte: “Die Anti-AKW-Bewegung hat viel verändert.“

„Fair und nachhaltig konsumieren“

Felix Weth (Foto: fuereinebesserewelt.info)
Felix Weth (Foto: fuereinebesserewelt.info)

Felix Weth ist Geschäfts­füh­rer von „fairnopoly.de“, einem Online-Marktplatz, der den verantwortungsvollen Konsum von nachhaltigen Produkten unterstützt. Ist Konsum per se etwas Schlimmes? Was macht für ihn einen fairen Konsum aus?
Unser Konsum werde Felix zufolge nicht in erster Linie durch die Nachfrage, sondern vornehmlich durch das Angebot gesteuert. Dieses würde uns kontinuierlich dazu animieren, mehr zu kaufen. Das sei ein Strukturproblem unseres Wirtschaftssystems, nicht in erster Linie ein Verhaltensproblem des Einzelnen.
Wir dürften uns nicht ständig Produkte vorsetzen lassen, die durch perfektioniertes Marketing verkauft werden sollen. Felix sagte: „Wir müssen uns von der Macht der auf Profitmaximierung ausgerichteten Großkonzerne befreien!“ Es gebe einen Bedarf an Lobby-Verbänden, die in die andere Richtung wirken. Viel bewirken könnten wir aber auch schon, indem wir in unserem eigenen Umfeld alles anders machen: „Wir sollten mehr zusammenarbeiten. Wenn wir etwas bewegen wollen, müssen wir die Hürden angehen.“
Sein Fazit ist zuversichtlich: „Unsere Wirtschaft kann schon sehr viel: Wenn wir bestimmte Weichen stellen, sollte es kein Problem sein, zu mehr nachhaltigen Produkten zu kommen.“

Vernetzen und weiter diskutieren im Internet

Einfach mitmachen! (Foto: fuereinebesserewelt.info)
Einfach mitmachen! (Foto: fuereinebesserewelt.info)

Die sieben Talks dauerten jeweils nur 35 Minuten, wenngleich die großen Themenkomplexe für mehrtägige Diskussionen gereicht hätten. Deshalb sollen die Debatten im Internet unter fuereinebesserewelt.info fortgesetzt werden.
Das Ziel ist eine überregionale Vernetzung. Den engagierten Initiatoren und Teilnehmern der Konferenz wäre zu wünschen, dass ihre Erkenntnisse viele Gleichgesinnte zum Mitgestalten anregen.
Astrid Triebsees

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