Die Initiative kämpft auch auf kommunaler Ebene
German Zero ist ein Verein, der ein Klimagesetz entwickelt hat und für alle relevanten Bereiche politische Maßnahmen zur CO2-Reduzierung vorschlägt. Auf kommunaler Ebene bringen in 50 Kommunen Ehrenamtliche Bürgerentscheide für Klimaneutralität bis 2035 auf den Weg.
„Die nächste Regierung ist die letzte, die noch die Weichen für das 1,5 Grad-Ziel stellen kann“, sagt Lea Nesselhang von der Organisation German Zero auf einer Pressekonferenz im Juni 2021. Genau das wollen die Klimaschützer mit ihrer Initiative erreichen: mit einem Klimagesetz und einem Maßnahmenkatalog, 470 Seiten schwer.
Dort stehe alles drin, was politisch nötig sei, damit Deutschland sein Versprechen von Paris einhält, bis 2035 klimaneutral zu werden. Denn tatsächlich steuern wir auf steigende Durchschnittstemperaturen von mehr als zwei Grad zu. Alle Lösungen, um gegenzuwirken, lägen auf dem Tisch, bringt es Julian Zuber von German Zero auf den Punkt: „Es fehlt nur der politische Wille“.
German Zero ist eine etwas andere Nichtregierungsorganisation, die Fridays For Future und die großen Umweltverbände ergänzt. Sie arbeitet vor allem auf politischer Ebene und konzentriert sich darauf, den Klimaschutz per Gesetz voranzutreiben.
Die Idee: Der Systemwandel, der jetzt ansteht, ließe sich nicht durch individuelles Handeln beeinflussen. Denkt man an die Energiewende, die Gebäudesanierung, die Mobilität, so ist klar, dass es hierfür gesetzliche Rahmenbedingungen braucht. Verhaltensänderungen einzelner Bürgerinnen und Bürger sind zwar notwendig, können die Erderwärmung aber kaum aufhalten.
Übergeordnete Strategie für den Klimaschutz
Das Manko in der Politik ist, dass es keine übergeordnete Strategie für den Klimaschutz gibt, sondern ein Flickwerk von Maßnahmen einzelner Ministerien. German Zero hat für die Entwicklung des übergeordneten Maßnahmenpakts nach eigenen Angaben auf vielfältige Expertise zurückgegriffen – und zwar sektorübergreifend und ohne parteipolitisches Kalkül.
Beteiligt waren Wissenschaftler wie Biologinnen und Physiker, Heizungsmonteure, Handwerker. Die Maßnahmen umfassen alle großen klimarelevanten Bereiche wie Energie, Gebäude, Heizen, Verkehr und Landwirtschaft,
Nach der Ausarbeitung ist der Entwurf in „Werkstätten“ von Fachleuten kritisch unter die Lupe genommen worden. Hier hätten über 100 Organisationen Rückmeldung gegeben und Ideen zur Verbesserung eingebracht.
Auch Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft sind bei German Zero engagiert wie Dieter Mantel, Geschäftsführer Fluid Competence. Er hat früher im Bereich Steinkohle gearbeitet und ist überzeugt: „Man kann neue Prozesse installieren“. Als Beispiel nannte er die Entwicklung Hydraulischer Öle, die ohne Mineralöle funktionieren.
Die Wirtschaft bräuchte jetzt Innovationen, alte Ideen und Techniken hätten ausgedient. Die Klimakrise sei die größte Bedrohung für uns alle, die Unternehmen sollten diese als Chance begreifen.
Klimaentscheide auf kommunaler Ebene
Das Besondere an German Zero: Die gemeinnützige Organisation arbeitet nicht nur auf Bundesebene, sondern mit Hunderten Ehrenamtlichen in mittlerweile 50 Kommunen. Hier ist das Ziel, durch Klimaentscheide, die die Bürgerinnen und Bürger auf den Weg bringen, Klimaneutralität bis 2035 in Städten und Kommuen umzusetzen.
Klimapolitik entscheidet sich auch in unzähligen Entscheidungen und Weichenstellungen vor Ort. Grit Weiland zum Beispiel engagiert sich ehrenamtlich für „Buchholz Zero“. Sie und viele andere haben Druck gemacht und die Verwaltung dazu gebracht, bis Ende 2021 einen Plan vorzulegen, wie das Städtchen nahe Hamburg in 2035 klimaneutral sein kann. Das war auch möglich, weil der Bürgermeister ein „Klimaforum“ eingerichtet hat, in dem wichtige Akteure der Stadt mitwirken.
„Wir wollten den Klimaschutz in die Stadt tragen“, so Weiland. Buchholz sei ein hartes Pflaster für dieses Thema. Aber seit den Demonstrationen der Fridays for Future komme die Politik nicht mehr am Klimaschutz vorbei. „Jetzt geht es darum, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, auch wenn es unbequem wird“.
Unterstützung bekommen Buchholz Zero und andere lokale Gruppen von der Zentrale in Berlin. So kann für jeden Ort in Deutschland ein Klimaschutzplan entwickelt werden, der Maßnahmen auf die Region zuschneidet, aber auch Schäden einpreist, z.B. durch CO2-Emissionen. Inwieweit die Maßnahmen dann umsetzbar sind, steht auf einem anderen Blatt und muss auf lokaler Ebene verhandelt werden.
„Druck machen ist wichtig“ sagt Grit Weiland, und versteht das positiv: „Wir wollen die Kräfte stärken, die sich für Klimaschutz einsetzen. Viel Zeit bleibt nicht mehr, aber ich bin verhalten optimistisch, dass wir es mit vereinten Kräften schaffen,“ so die Aktivistin.
Birgit Stratmann
Mehr Infos gibt es auf der Website von German Zero
Wer eine German Zero-Gruppe sucht oder gründen will, kann sich an die Zentrale wenden