Ein Textil-Unternehmer verbessert das Leben der Bauern
Die Remei AG produziert ökologische Bekleidung und verfolgt ganz eigene Unternehmensziele: Ihr Chef Patrick Hohmann möchte damit nicht eigene Gewinne maximieren, sondern Baumwollbauern in den Ländern des Südens ein besseres Leben ermöglichen.
Patrick Hohmann ist ein freundlicher, bescheiden wirkender Schweizer, der auf merkwürdige Weise jugendlich wirkt. Hohmann ist 73 Jahre alt, Ingenieur von Beruf und Chef eines Textilunternehmens, der Remei AG. Er ist in Ägypten geboren, schon als junger Mann durch die Welt gereist und als Unternehmer viel in Afrika und Asien unterwegs gewesen.
Davon abgesehen war bis vor einigen Jahren in Patrick Hohmanns Leben alles weitgehend normal, so, wie es sich für einen Schweizer Unternehmer gehört. Bis ihn irgendwann das deutliche Gefühl beschlich, dass Armut, Ausbeutung und Gesundheitsschäden durch Herbizide und Pestizide im Baumwollanbau auch auf sein Konto als Textilunternehmer gingen.
Das wollte er nicht länger verantworten, und Patrick Hohmann begann, sein Unternehmen umzubauen. Heute produziert er immer noch T-Shirts – aber hauptsächlich, um seinen Baumwollbauern ein gutes Leben zu ermöglichen. Warum das so gekommen ist, darauf kann Patrick Hohmann selbst keine rechte Antwort geben. Es schien ihm einfach nötig, als Unternehmer Verantwortung zu übernehmen.
Aber Verantwortung ist eine ziemlich teure und riskante Angelegenheit, wenn sie auf dem Markt stattfindet und nicht nur in Leitbildern und Unternehmensberichten. Sie fängt nämlich am Beginn der Wertschöpfungskette an, beim einzelnen Arbeiter auf den Baumwollfeldern und bei den Bedingungen, unter denen er sein bisschen Geld verdient.
Arbeiter zu Produzenten machen
Um die zu verändern, dachte Patrick Hohmann, müsste er auf jeden Zwischenhandel verzichten, und die Arbeiter müssten selbst wieder Produzenten werden. Also gab er ihnen Kredite und erlaubte ihnen, selbst darüber zu bestimmen, wie viel sie wie liefern würden. Einzige Voraussetzung: Sie verzichteten auf jeden Einsatz von Chemie. Das senkte ihre Kosten und war gut für ihre Gesundheit, gab ihnen Unabhängigkeit von der Industrie und ließ langsam auch ihre Böden besser werden.
Für Patrick Hohmann war das allerdings erst mal nicht so gut, denn natürlich wurden seine Produkte teurer, und er ging mit seinem Unternehmen fast pleite. Aber das Gefühl, jetzt genau das richtig zu machen, was er vorher immer falsch gemacht hatte, verließ ihn nicht.
Seine Garne waren von erheblich besserer Qualität als zuvor, und niemand kam mehr dadurch zu Schaden, wie sie hergestellt wurden. Und vor Ort in Tansania und in Indien ging es seinen Leuten gut. Das einzige Problem war der heimische Markt. Patrick Hohmann hielt durch, den hämischen Kommentaren der Konkurrenz zum Trotz. Und weil ihm zur selben Zeit die parallelen Trends zu Fair Trade und Bioanbau plötzlich Rückenwind verschafften, kam die Remei AG aus den roten Zahlen heraus und Hohmann zu ganz neuen Unternehmenszielen.
Die berechnen sich heute nicht mehr nach dem Umsatz und der Zahl der verkauften T-Shirts, sondern nach der Zahl der Bauern, deren Leben das Unternehmen verändert. 10.000, sagt Patrick Hohmann, will er schaffen – und lächelt. Aber damit nicht genug. Die bioRe-Stiftung, die er auch noch gegründet hat, unterstützt Dorfschulen, ein mobiles Gesundheitszentrum, Biogasanlagen – was eben so gebraucht wird in den Teilen der Welt, die bislang vor allem Gegenden waren, in denen Menschen für zu wenig Geld unter zu hohen Kosten für ihre Gesundheit zu billige Sachen für uns produzierten.
Harald Welzer
Der Schweizer Unternehmer Patrick Hohmann arbeitet mit seinem Unternehmen sozial und ökologisch verträglich. www.remei.ch
Die Geschichte stellte uns die Stiftung „Futurzwei“ zur Verfügung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Geschichten des Gelingens zu sammeln und zu veröffentlichen. Autor Professor Dr. Harald Welzer ist Direktor der Stiftung.