Liebeserklärung an die Erde

Liebesbrief2mdc

Neues Buch des Meditationsmeisters Thich Nhat Hanh

“Wir sollten so leben, dass für unsere Kinder und Enkelkinder eine Zukunft möglich sein wird. Unser Leben muss unsere Botschaft sein.”

Es wird viel geschrieben über den Zustand der Welt und die Verantwortung, die wir dafür tragen. Doch was nützen all die Worte, wenn sie nur den Intellekt ansprechen und nicht von dem Bewusstsein getragen werden, dass alles Leben miteinander verbunden ist?

Thich Nhat Hanh, einer der bekanntesten buddhistischen Meditationsmeister, unternimmt in seinem Buch „Liebeserklärung an die Erde“ den Versuch, uns dieses Gefühl der Verbundenheit, das offensichtlich Ergebnis seiner meditativen Praxis ist, nahe zu bringen.

Höhepunkt des Buches sind seine Liebesbriefe, in denen er direkt zu „Mutter Erde“ spricht, deren Kinder wir alle sind. Diese Briefe sind so anrührend, dass sie Menschen dazu bewegen können, umzukehren und so zu leben, dass es ihnen selbst und damit auch der Erde gut tut.

Die Briefform eignet sehr sehr gut dafür, eigene Gefühle auszudrücken, aber auch Emotionen in den Lesern wachzurufen. Denn darum geht es: Wir brauchen keine Informationen und immer neuen Input fürs Gehirn, sondern Einsicht und Verstehen, die aus den Tiefen unseres Bewusstseins kommen. „Wir brauchen eine Bewusstseinsrevolution“, so der Autor, vor allem die Erkenntnis, wie sehr wir doch Teil des Ganzen sind.

Neben diesen Briefen gibt Thich Nhat Hanh Empfehlungen, wie wir durch die Praxis der Achtsamkeit – bewusstes Atmen, Gehen, Essen – uns selbst und die Erde heilen können. Denn dies ist die stärkste Botschaft des Buches: Auch wenn wir uns als getrennte Individuen erleben, so hängen doch unser eigenes Schicksal und das der Erde unmittelbar miteinander zusammen. Wie der Autor es ausdrückt: „Es besteht kein Unterschied zur Heilung des Planeten und unserer Heilung.“

Gut sein und was der Einzelne für die Welt tun kann

Ein weiteres Buch zu einem ählichen Thema ist in diesem Jahr von Thich Nhat Hanh erschienen: „Gut sein und was der Einzelne für die Welt tun kann“ (O.W. Barth 2014). Darin erklärt der Autor die Notwendigkeit, im Zeitalter der Globalisierung eine globale Ethik zu schaffen.
Das Buch ist buddhistisch geprägt und wendet die Lehre von den Vier Wahrheiten, die der Buddha verkündete, auf die Probleme der heutigen Zeit an. Auch Nicht-Buddhisten können darin Anregungen finden.

Besonders hilfreich sind die „Fünf Achtsamkeitsübungen“, die der Autor hier vorstellt und zeitgemäß interpretiert:

  • Leben zu schützen und vom Töten und Verletzen abzusehen;
  • Großzügigkeit zu praktizieren und nicht zu stehlen;
  • Verantwortung in sexuellen Beziehungen zu übernehmen und bestehende Partnerschaften nicht zu gefährden;
  • liebevoll zu sprechen und vom Lügen Abstand zu nehmen;
  • achtsam zu konsumieren und keine Rauschmittel zu sich zu nehmen.

Diese Übungen können als Leitfaden für eine Achtsamkeitspraxis dienen, die uns selbst und der Erde als Ganzes nutzt.
Birgit Stratmann

Thich Nhat Hanh. Liebesbrief an die Erde. nymphenburger, München 2014. 176 S., 17,99 Euro.
Thich Nhat Hanh. Gut sein und was der Einzelne für die Welt tun kann. O.W. Barth, München 2014. 160 S., 14,99 €

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare

Aktuelle Termine

Online Abende

rund um spannende ethische Themen
mit Referenten aus verschiedenen Disziplinen
Ca. 1 Mal pro Monat, kostenlos

Auch interessant

Cover Schutzbach, Frauen

Für mehr weibliche Solidarität!

Ein Buch der Soziologin Franziska Schutzbach Die Emanzipation der Frauen gelingt dann, wenn sich Frauen zusammenschließen, diesen Gedanken entwickelt Franziska Schutzbach in fünf Essays. Sie untersucht verschiedene Arten von Frauenbeziehungen und den tiefen Wunsch nach Kooperation. Ihr Buch „Revolution der Verbundenheit“ ermutigt dazu, sich an Frauen zu orientieren und nicht an Männern, um die Welt zum Positiven zu verändern.
Foto: privat

“Ich bin gestärkt aus dem Gefängnis gekommen”

Audio-Interview dem Klima-Aktivisten Karl Braig  "Mein Handeln war richtig", sagt Karl Braig, 69, der für eine Klima-Aktion fünf Monate in Haft war. Jetzt genießt er die Freiheit und muss sich neu zurechtfinden. Sein Engagement für den Klimaschutz will er fortsetzen, denn man müsse sich wehren gegen die Tatenlosigkeit der Politik. Er hofft auf die Zivilgesellschaft. 

Newsletter abonnieren

Sie erhalten Anregungen für die innere Entwicklung und gesellschaftliches Engagement. Wir informieren Sie auch über Veranstaltungen des Netzwerkes Ethik heute. Ca. 1 bis 2 Mal pro Monat.

Neueste Artikel

Jo Gavao/ Shutterstock

Die Kirche ist vielfältiger, als man denkt

Zur Situation nach der Wahl von Papst Leo XIV. Die katholische Kirche ist die größte Organisation der Welt. Doch was wie ein einheitlicher Block erscheint, ist ein Gebilde aus vielen Teilen. Religionswissenschaftlerin Ursula Baatz über die Kirche nach der Papstwahl und den Kampf zwischen Traditionalisten und Progressiven.
Der Kontrollpunkt 300 trennt Jerusalem und das Westjordanland I Foto: Samuel Smith

Eine Reise in das Westjordanland

Eindrücke von Gesprächen mit Palästinensern Das Westjordanland ist nur fünf Minuten Autofahrt von Israel entfernt. Johannes Zang war im Frühjahr 2025 dort und sprach mit Palästinensern. Hier schildert er seine Eindrücke: von Hoffnung und Hoffnungslosigkeit, von Standhaftigkeit und Ratlosigkeit, von Zweckoptimismus und Zuversicht.
Stephanie Cox I Foto: Marlon Hambrusch

Engagement aus Liebe zur Welt

Stephanie Cox im Portrait Stephanie Cox engagiert sich leidenschaftlich für den Wandel, auch in der Politik. Mit 28 Jahren war sie eine der jüngsten Abgeordneten im österreichischen Parlament. Hier erfuhr sie die Härte des Politikbetriebs und entdeckte trotzdem Gestaltungsräume. Sie weiß: „Wenn ich aufstehe und etwas tue, hat es eine Wirkung.“
Die Schauspieler Milan Kovacevic und Vera Hrcan Ostojic in "Eighty Plus", Foto: Go East

No Action-Kino

Filme beim 25. goEast-Filmfestival Es gibt kaum Kinofilme, die nicht aus kommerziellem Interesse entstehen. Anders die Werke beim goEast-Festival mit Filmen aus dem Osten Europas. Hier erlebt man bewusstes „No Action-Kino“, das die Erfahrungen von Menschen abbildet und tiefe Verbundenheit mit den Schicksalen erzeugt. Ethisches Kino, ohne zu moralisieren.