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Meditation in Unternehmen

Buch Achtsamkeit in Firmen

Ein neues Buch mit pragmatischem Ansatz

Das Ansinnen, Meditation in den Unternehmensalltag zu integrieren, beantworten Menschen entweder mit Kopfschütteln oder Begeisterung. Paul Kohtes und Nadja Rosmann gehen in ihrem neuen Buch pragmatisch heran: Sie zeigen Möglichkeiten auf und schildern, welche Wirkungen zu erwarten sind.
Die Achtsamkeitswelle rollt – seit Jahren. „Stressbewältigung durch Achtsameit“ (MBSR) wird erfolgreich eingesetzt bei Stress, Burn-out, ja sogar zur Unterstützung von Krebs-Kranken und Depressiven. Geht die Erfolgsgeschichte nun in der Wirtschaft weiter?
Die Autoren Paul Kohtes und Nadja Rosmann gehen pragmatisch an die Sache heran. Sie erörtern in ihrem Buch die Möglichkeiten der Einbettung von Achtsamkeit in die Unternehmenspraxis. Kohtes, selbst Führungskräftscoach, und Rosmann, Kommunikationsberaterin und Projektmanagerin, kennen sich in beiden Welten aus und wissen diese auf gute Weise miteinander zu verbinden.
Im ersten Kapitel des Buches stellen sie verschiedene Arten der Meditation wie MBSR, Zen, Vipassana vor. Sie gehen detailliert und kenntnisreich auf die wissenschaftliche Forschung zur Achtsamkeit ein und beschreiben die positiven Wirkungen wie bessere Aufmersamkeit und Konzentration, mehr Kreativität, Empathie, aber auch stärkere Leistungsfähigkeit und Resilienz. Auch wer es kritisch sieht, dass Unternehmen Achtsamkeit benutzen, um die Leistung ihrer Mitarbeiter zu steigern, wird nicht darüber hinwegsehen können, dass Meditation tiefer wirkt und die Persönlichkeit verändert.
Im Folgenden erörtern Kohtes und Rosmann die Erfordernisse des Wirtschaftslebens und das Werte-Spannungsfeld zwischen Gesellschaft, Wirtschaft und Mitarbeitern. Dies umfasst unter anderem die Themen Work-Life Balance, die Vereinbarkeit von Eigeninteresse oder Gemeinwohl sowie die Wahrnehmung des eigenen Anteils an den vorhandenen Verhältnissen.
Anschließend zeigt das Buch auf, wie Meditationsangebote adressatengerecht platziert werden können. Wesentlicher Teil des Werkes sind die „Best Practices“ mit Beratungsangeboten zur konkreten Umsetzung im Unternehmensalltag. Zum Abschluss gibt es einen Serviceteil mit Kontaktangaben für Anbieter von Meditation, Yoga und anderen Achtsamkeitsangeboten.
Die Autoren haben sich die Zeit genommen, sich kurz zu fassen und schnell zum Kern ihrer Fragestellungen zu kommen. Die verschiedenen Meditationsformen werden sachlich und nicht wertend beschrieben. Die Reise durch die Anforderungen des Wirtschaftslebens kommt ohne moralischen Zeigefinger aus.
Etwas mehr Raum hätte man sich für die Rolle der Resonanz gewünscht, insbesondere der Kollegen und anderer Beteiligter. Immerhin finden Coaching und die Bedeutung einer qualifizierten Anleitung Erwähnung.
Durch den starken Focus auf die Meditation kann im ersten Teil des Buches der Eindruck entstehen, dass Meditation gegen alle Probleme hilft. Im weiteren Verlauf des Buches wird dieser Eindruck durch die Benutzung des Wortes „kann“ relativiert. Wie sagt Daniel Goleman so wunderbar: Man kann 10.000 Stunden lang üben, wenn man die gleichen Fehler wiederholt, bleibt man ein Stümper, wenn auch ein älterer. Hier hätte sich der Leser eine mehr kritische Einordnung gewünscht: Wann und für wen ist Meditation hilfreich und für wen nicht? Welche Hindernisse gibt es, und wie lassen sich diese meistern?
Sieht man von diesen Punkten ab, liefert das Buch einen reichen Schatz an Ratschlägen, und die Autoren teilen ihre eigenen Berufserfahrungen und ihr spirituelles Wissen.
Es hat mir sehr gefallen, in den Best Practices auch über Eckart von Hirschhausens Humorstiftung als empfehlenswertes Angebot zu lesen. Der Horizont der Autoren ist weit gespannt. Gerade durch den Serviceteil für die persönliche und für die unternehmerische Praxis ist das Buch nicht nur zum einmaligen Lesen geeignet, sondern auch als praktischer Ratgeber zum Nachblättern.
Michael Freiberg
Paul Kohtes, Nadja Rosmann: Mit Achtsamkeit in Führung gehen. Ein Ratgeber für Unternehmen in Zeiten sich ständig ändernder und komplexer Herausforderungen. Klett-Cotta, Stuttgart 2014. 276 Seiten, 29,95 Euro

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