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Mit-Fliegen – das jüngste Kind der Shareconomy

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Ein Kommentar von Evi Hartmann

Carsharing? Eine gute Sache! Ökologisch betrachtet. Wer ein Auto teilt, belastet die Umwelt weniger. Wirklich? Und wenn wir schon beim Auto Zweifel haben, wie ist es dann erst, wenn private Flugzeuge geteilt werden?

Eigentlich sollte die Sache ganz einfach sein: Anstatt ganz viele Autos zu kaufen, bei deren Produktion und Teile-Logistik die Umwelt stark belastet wird, werden dank Carsharing viel weniger Autos gekauft und damit hergestellt – weil viele Menschen sich wenige Autos teilen.

Noch besser: Studien zeigen, dass tendenziell weniger gefahren wird, wenn geteilt wird. Rein statistisch. Generell und allgemein. Denn auf der individuellen Ebene sieht es oft anders aus: Manche fahren, wenn sie schnellen Zugriff auf ein (geteiltes) Auto haben, eben doch mehr. Wenn sie sharen können, fahren sie nicht länger Rad oder Straßenbahn, sondern mit dem geliehenen Auto und belasten die Umwelt zusätzlich. Dann ist Carsharing plötzlich gar keine so gute Idee mehr: Aha!

Der Aha-Effekt der Nachhaltigkeit

Ernüchternde Erkenntnis: Ob die Shareconomy eine ethisch und ökologisch gute Sache ist oder nicht, entscheidet nicht die Shareconomy. Sondern wie wir sie nutzen. Was wir draus machen. Darauf reagieren viele Menschen erst einmal enttäuscht: „Wie das? Ich dachte, Sharing sei eine gute Sache!“

Auf den zweiten Blick weicht die Enttäuschung einer großartigen Verblüffung: Nicht Sharing determiniert, ob wir gute Menschen sind – sondern immer noch wir selbst. Je nachdem, auf welche Art und Weise wir teilen. Das gilt für alle Kinder der Shareconomy. Auch für eines ihrer jüngsten: Flight Sharing (Mitfliegen in privaten Jets). Was man mit dem Auto machen kann, erlaubt die EU seit 2014 auch mit Flugzeugen. Piloten, die für ihre Lizenzverlängerung zum Beispiel mit der Cessna Flugmeilen sammeln müssen, können Passagiere mitnehmen.

Wer fährt schon, wenn er fliegen kann?

Wenn ich auf diese Weise statt mit dem Linienflieger zum Beispiel in der Piper eines Piloten von Nürnberg nach Frankfurt mitfliege, dann tue ich der Umwelt gut. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) sagt (auf SPIEGEL online), dass die meisten Kleinflugzeuge bei voller Besatzung umweltfreundlicher fliegen als die großen Airlines.

Daher: Flight Sharing sei eine gute Sache! Der Haken ist bloß: Normalerweise lege ich die Strecke mit dem Auto zurück. Und das schädigt die Umwelt deutlich weniger als die Propellermaschine. Noch weniger Abgase puste ich raus, wenn ich, wie übrigens am häufigsten, mit dem ICE düse. Dagegen wird meine Umweltbilanz schlechter, wenn ich dem Rebound-Effekt erliege, das sind Effekte, die dazu führen, dass Einsparpotenziale bestimmter Maßnahmen wieder aufgehoben werden.

Der Rebound-Effekt

Dieser Effekt steigert, was ich eigentlich senken möchte. Er tritt ein, wenn ich dank Mitfluggelegenheit nun deutlich öfter zwischen Frankfurt und Nürnberg pendle – bloß weil Mitfliegen so viel bequemer und schneller ist als Fahren. Sharing verführt mich in diesem Falle zu Unmoral und Umweltschädigung. Falls ich mich verführen lasse.

Ob ich das zulasse, ist immer noch meine Entscheidung. Das ist die Last und das Glück der Moral. Egal, wie wir es drehen und wenden: Ob wir uns richtig oder falsch entscheiden, liegt auch und gerade im Sharing-Zeitalter immer noch ganz in unserer Hand. Selbst wenn wir abheben.

Lesen Sie auch den Artikel der Autorin zum gleichen Thema auf ihrem Blog

 

 

frhartmann_007_passbildProf. Dr.-Ing. Evi Hartmann ist Inhaberin des Lehrstuhls für Supply Chain Management an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Sie ist Autorin des aktuellen Bestsellers „Wie viele Sklaven halten Sie?“ und hat einen eigenen Blog.

 

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