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Schwimmen mit Mantarochen

Okeanos Stiftung für das Meer
Okeanos Stiftung für das Meer

Ocean Camps für Jugendliche

Die Verbundenheit mit den Meeren stärken, dazu dienen die Ocean Camps der Okeanos Stiftung für das Meer. Mit dabei war im Juli 2023 Florian Timte, 19. Über das Leben an Bord, die Leichtigkeit des Seins, stärkende Gemeinschaft und den Mut zur Veränderung.

Die Okeanos Stiftung für das Meer engagiert sich für den Schutz eines Lebensraums, der von Überfischung, Verschmutzung, Mikroplastik und Klimawandel bedroht ist. Die Stiftung unterhält im Mittelmeer einen Katamaran und bietet Ocean Camps für Jugendliche an, um ihnen das Ökosystem Meer nahezubringen und sie zu Engagement anzuregen. Die jungen Erwachsenen verbringen eine Woche an Land und eine Woche auf dem Katamaran im französischen Mittelmeer.

Mit ihren zweiwöchigen Ocean Camps will die „Okeanos Stitung für das Meer“ junge Menschen dazu anregen, eine Beziehung zum Ozean zu entwickeln. Eine Woche verbringen die jungen Erwachsenen an Land und eine Woche auf einem Katamaran auf See.

An Land liegt der Schwerpuntk auf Achtsamkeit und Selbstfürsorge. Der Tag beginnt mit kurzen Meditationen und über den Tag verteilt gibt es weitere kleine Übungen, etwa zu Selbstmitgefühl und Yoga-Einheiten. Denn eine Verbundenheit mit der Natur zu spüren ist nur möglich, wenn man zuerst mit sich selbst in Kontakt kommt.

Im Sommer 2023 nimmt der 19-jährige Florian Timte am Ocean Camp teil. In den täglichen Yoga-Einheiten gelingt es ihm mehr in den Körper zu spüren – eine ganz neue Erfahrung für ihn. So kann er sich selbst mehr Wohlwollen schenken.

„Normalerweise sehen wir uns selbst extrem kritisch. In einer Übung haben wir versucht, eine schwierige Situation einmal aus dem Blickwinkel des inneren Richters zu sehen, und dann aus der mitfühlenden Perspektive von Eltern oder Freunden. Da habe ich gemerkt, wie hart ich zu mir selbst war und wie ich das verändern kann.“

Johanna (Name von der Redaktion geändert), die ebenfalls dabei ist, erklärt: „Weil von Beginn an der Fokus auf Achtsamkeit gegenüber der Umwelt, den Mitmenschen und sich selbst liegt, habe ich mich sehr wohl und vor allem echt gefühlt.“

Zum ersten Mal den Gesang von Walen gehört

Die zweite Woche steht dann ganz im Zeichen des Meeres. Die Gruppe begibt sich auf den Katamaran, wo sie von der dreiköpfigen Crew empfangen wird.

Sie erhalten zuerst eine Einführung und werden mit dem Leben an Bord, der Sicherheit und den verschiedenen Aufgaben wie dem Umgang mit dem Segel vertraut gemacht. Die Crew erklärt auch die meeresbiologischen Besonderheiten des Mittelmeers und die Bedeutung der Wale.

Florian Timte an Bord des Katamaran, Stiftung Okeanos für das Meer

Dann gibt es noch eine Einführung ins Schnorcheln, sie dürfen auch selbst im Wasser unterwegs sein. Die Teilnehmenden nehmen Wasserproben, die sie unter dem Mikroskop untersuchen. Und es wird Wissen rund um Nachhaltigkeit vermittelt und wie wir darauf Einfluss nehmen können.

„An Bord gibt es permanent etwas zu tun inklusive der Nachtschichten, wo man in Zweierteams die Lage beobachtet“, sagt Florian ein paar Tage nach dem Camp. „Man muss alles selber machen, nicht nur kochen, sondern auch den schweren Anker hochziehen. Ich habe jetzt noch Muskelkater davon.“

In einer Nacht fährt das Schiff aufs offene Meer hinaus und man lässt es treiben. Florian kann in seiner Nachtschicht, die von 2 bis 6 Uhr geht, das Hydrophon nutzen. Das ist ein Unterwassermikrofon, mit dem man in die Tiefe hören kann. „Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich den Gesang von Pottwalen gehört, das war echt beeindruckend.“

“Neben den Mantas fühlte ich mich winzig”

Das Highlight der Tour ist die Begegnung mit Mantarochen. Das sind riesige, aber friedliche Tiere, die sich von Plankton und kleinen Fischen ernähren. „Die Mantas sind um unser Schiff gekreist, sie waren richtig neugierig. Wir sind dann ins Wasser gesprungen, um mit ihnen zu schwimmen.

Ein Tier kam etwa einen halben Meter an mich heran. Ich habe meine Arme ausgebreitet und fühlte mich winzig. Die Mantas haben eine Spannweite von ca. vier Metern. Fantastisch!“

Das Spannende am Leben an Bord eines Segelschiffs ist für Florian, dass man nie weiß, was passiert. „Einen Tag ist eine Delfinschule vorbeigeschwommen, mit 50 Tieren. Sie haben Kunststücke vollführt, es hat einen Riesenspaß gemacht, sie einfach nur zu beobachten.“ Dann wieder gibt es zwei Tage Sturm mit Winden von 80 Kilometern pro Stunde. „Da haben wir vor Cannes geankert und einfach abgewartet, bis es vorbei ist.“

Stärkende Gemeinschaft

Das Gemeinschaftsgefühl, das auf dem Schiff entsteht, ist für viele etwas ganz Besonderes. „Ich hätte nicht gedacht, nach nur zwei Wochen so ehrliche Freundschaften zu schließen“, sagt Florian. „Die Offenheit, vieles über sich preiszugeben, ist groß.“

Auch Sofie (Name von der Redaktion geändert) hat diesen besonderen Zusammenhalt erfahren: „Wenn sieben Jugendliche aufeinander treffen, die sich nicht kennen, dann bietet das eine Chance, sich zu öffnen und Vertrauen zu fassen. Wir haben Nächte lang geredet und uns so pur zeigen können wie wahrscheinlich noch nie zuvor.“

Jana Steingässer, die Leiterin des Projekts bei Okeanos, beobachtet bei allen Gruppen, wie sich über die Zeit eine echte Nähe einstellt: „Die Nähe zeigt sich in einem schönen Bild: Am Katamaran ist vorne zwischen den Rümpfen ein Netz. Es ist der schönste Ort, um ganz nah über der Wasseroberfläche dahin zu gleiten und Ausschau nach Walen und Delfinen zu halten oder einfach da zu sein. Alle sitzen nah beieinander. Manche nehmen sich auch ihren Schlafsack, um dort zu übernachten.“

Auch Florian entdeckt diesen magischen Ort für sich: Zwei Nächte verbringt er draußen. „Ich habe viele Sternschnuppen gesehen. Auf dem Meer kann man eine echte Verbindung zur Natur knüpfen. Man ist einfach nur da und vermisst überhaupt nichts.“

Das Meer erleben ist eine tiefe Erfahrung, Foto: AntoniusScheffler

Das Leben auf „Pause“ stellen

Das Anliegen des Projekts ist es auch, die Jugendlichen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu stärken. „Die Erfahrung hat mich motiviert, öfter zu entschleunigen und besser mit mir umzugehen, körperlich und geistig“, reflektiert Florian.

Denn wer sich schon einmal gesellschaftlich engagiert hat, weiß, wie schnell man an seine Grenzen kommt, wenn man die Kräfte nicht einteilt. Ähnlich hat es Sofie erlebt: „In erster Linie konnte ich viele Skills lernen, um Selbstfürsorge zu betreiben. Also erstmal meine Kraftreserven zu füllen, bevor ich einen Teil an andere weitergeben kann. Auch das Bewusstsein darüber, dass mein Leben mir gehört und ich damit tun und lassen kann, was ich will.“

Selbstmitgefühl zu lernen, war auch für Johanna ein wichtiger Aspekt dieser Zeit, der bei ihr nachwirkt: „Diesen Zugang zur Selbstfürsorge hatte ich vorher nicht. Ich war in den zwei Wochen sehr ausgeglichen und kaum getrieben. Ich möchte bewahren, dass ich mein Leben einfach auf Pause stellen kann, ob nur für zwei Sekunden oder zwei Wochen. Ich habe gelernt, beruflich ‚out oft he box‘ zu denken und mutiger zu sein, als es die Gesellschaft erlaubt.“

Einige Jugendliche bleiben nach dem Camp in Verbindung und arbeiten zusammen an Projekten. Die Okeanos Stiftung möchte ein Onlineportal aufbauen, um diese Vernetzung zu unterstützen. Einige Teilnehmende haben Interesse daran, als Campbegleitung mitzuwirken und Jugendliche bei den Ocean Camps an Land zu begleiten. Dafür bietet die Stiftung eine Fortbildung an.

Auch im nächsten Jahr werden wieder Ocean Camps stattfinden, für die sich junge Menschen bewerben können.

Infos bei Waves of Action 

Shutterstock

Mit Referenten aus verschiedenen Disziplinen.

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