Online Magazin für Ethik und Achtsamkeit

Unterstützung für Familien in der Corona-Krise

Evgeny Atamanenko/ shutterstock.com
Evgeny Atamanenko/ shutterstock.com

Tipps von Sarina Hassine

Familien sind im Moment enorm gefordert. Da ist es normal, dass es leicht zu Genervtheit, Wut und Verspannungen kommt. Mutter und Achtsamkeitslehrerin Sarina Hassine rät, allem, was da ist, wohlwollend zu begegnen. Hilfreich sei, dem Tag eine Struktur zu geben und tägliche Routinen zu schaffen.

 

 

Der Artikel ist die gekürzte Fassung eines Beitrags vom Portal des AVE Instituts, dem das Netzwerk Ethik heute angehört. Hier gibt es jetzt einen eigenen Bereich „Familie“ mit schönen Spielen, z.B. Blinde Barfußreise, Baumgesichter entdecken, mit Tipps zum Entspannen wie der beliebten „Pizzamassage“, mit Meditationsübungen wie der „Glitzermeditation“ und Hinweise zum Umgang mit starken Emotionen.

Die Corona-Pandemie stellt uns Eltern vor besondere Herausforderungen, die uns vielleicht stressen, erschrecken, existentiell bedrohen, traurig machen oder einfach nur nerven. Gleichzeitig birgt die Situation auch ein Wachstumspotential für jede einzelne Familie. Um dieses zu erfassen, ist es gut, den Fokus auf das zu lenken, was gut läuft, was mit Leichtigkeit geschieht, was Freude bereitet und was uns Kraft gibt.

Um unsere Widerstände, Blockaden und automatischen Reaktionsmuster besser zu verstehen, können wir genauer hinspüren, was im Geist und im Körper vielleicht Angst, Verspannung, Wut, Überforderung oder Genervtheit erzeugt und diesem mit Mitgefühl und Klärung begegnen. Das gilt sowohl für uns und den Umgang mit unseren Kindern als auch für unsere Kinder selbst.

Immer mal wieder aufatmen

Wir haben so etwas alle noch nie erlebt! Es ist also völlig legitim, dass wir verwirrt, verunsichert und überfordert sind. Und gleichzeitig entspricht es uns Menschen auch, offen und neugierig zu sein, spontan und kreativ zu bleiben. Wer weiß, was uns diese Krise, diese besondere Situation zu Hause alles offenbart und zeigt.

Das Wichtigste ist jetzt: Wie gehen wir miteinander um, wie fühlen sich die Kinder, wie geht es meinem Partner, was brauche ich gerade? Was ist eigentlich wichtig und wie kann ich für alle etwas Druck herausnehmen? Das sind für mich wichtige Fragen und Hinweise für Struktur und Umgang im Alltag. Und nicht primär, ob mein Kind alle Arbeitsblätter für die Schule schaffen wird oder ob ich schnell einen Online-Achtsamkeits-Kurs kreieren sollte.

Routine in den Tagesablauf bringen

Hilfreich ist es in Zeiten wie diesen, für die Familie zu Hause eine Tagestruktur mit Routinen zu schaffen, in der es feste Zeiten gibt für Essen, Schlafen, freies Spiel, Bewegung, gemeinsame Rituale, Aufgaben für die Schule, Homeoffice-Zeiten. Die Struktur kann nach Bedarf angepasst werden. Also nicht zu streng nehmen, sonst wird es wieder stressig.

Mit älteren Kindern kann man eine solche Struktur achtsam und auf Augenhöhe besprechen. Wir als Eltern müssen nicht die „Bestimmer“ sein. Wir sind jedoch verantwortlich dafür, in den Dialog zu gehen und den Prozess liebevoll zu begleiten.

Wie wir momentan unseren Tag strukturieren:

Wir beginnen den Tag z.B. mit gemeinsamem Yoga. Dabei lassen wir uns manchmal von den Kindern inspirieren, manchmal machen wir gemeinsam auf Youtube Anleitungen mit, und oft üben einfach Mama und Papa ihr Yoga und die Kinder machen mit, wann und wie sie es wollen. Yoga-Videos für Kinder findet ihr auf Youtube, Links.

Eine Mittagsruhe für alle kann kraftspendend sein. Bei uns darf die Große dann ein Hörbuch hören, etwas gucken und manchmal schläft sie auch; ein Elternteil kann arbeiten oder eine Auszeit nehmen. Hörbücher und Kindermusik haben wir zuhause oder hören über Online-Angebote.

Am Ende des Tages bringt uns ein Abendkreis nochmal alle zusammen. Zu Beginn zünden wir eine Kerze an, dann kommt je nach Bedürfnis vorlesen, erzählen, wie es jedem heute geht, sprechen über Schwierigkeiten des Tages, singen, malen, oder wir machen nochmal ein paar Atemübungen oder Bewegungsspiele, gerne auch auf der Terasse an der frischen Luft. Am Ende werden wir still, sitzen im Kreis auf dem Kissen und spüren den Atem oder lauschen in die Nacht.

Für Kinder, die abends unausgelastet sind: Kinder spielen jeden Tag in verschiedenen Bereichen, sei es Lego, Rollenspiel, malen usw. Manchmal, wenn die Kinder abends nicht ins Bett finden, kann es daran liegen, dass ihnen ein für sie wichtiger Bereich fehlt. Geben wir ihnen dann noch für einen Moment Gelegenheit das nachzuholen, fällt das Zubettgehen plötzlich ganz leicht.

Kinder (achtsam) begleiten ist ein Fulltime-Job

Über den Tag verteilt spielen wir drinnen oder draußen und versuchen uns möglichst viel zu bewegen und Spaß zu haben. Wir kochen und backen gemeinsam oder hängen einfach mal ein bisschen zusammen oder jeder für sich herum.

Homeoffice zu machen, wenn die Kinder durchs Haus toben, ist eine echte Herausforderung. Vielleicht können wir früh morgens, bevor die Kinder richtig wach sind, schon ein bis zwei Stunden arbeiten. Ansonsten ist es hilfreich, wenn sich die Eltern absprechen und einander Raum und Ruhe zu verschaffen.

Ihr seid trotzdem fix und alle von der Unvereinbarkeit von Arbeit und Kindern unter einem Dach? Das kenne ich. Es ist kein Zeichen von Schwäche! Kinder achtsam zu begleiten ist eben ein Fulltime-Job!

Ganz ehrlich: Abends bin ich hundemüde und um 22.00 Uhr geht bei mir spätestens das Licht aus. Anders würde ich das echt nicht schaffen. Es ist alles ok, es ist machbar, aber wir kommen jeder immer wieder auch an unsere Grenzen. Wir sind auch nicht immer nur lieb zueinander, sondern zoffen uns auch mal. Die Kinder haben täglich tausend Emotionen, die begleitet werden wollen – und wir Eltern auch!

Zur Website des AVE-Instituts

Auf der Website des AVE Instituts gibt es einen Wissenspool, einen dynamischen Bereich mit Informationen rund um die Themen Achtsamkeit und Empathie in der Bildung – mit Online-Artikeln, Buch- und Filmtipps sowie Hinweisen auf Weiterbildungen im deutschsprachigen Raum. Zum Wissenspool, der von Zeit zu Zeit aktualisiert wird.

 

Foto privat

Sarina Hassine, *1977 in Kiel. Unterrichtet seit acht Jahren Achtsamkeit und Meditation für Erwachsene (angelehnt an MBSR) und Kinder, leitet Weiterbildungen für Pädagogen (AiSchu), begleitet Schulen, Eltern und Familien. Sie ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in der Nähe von Berlin auf dem Land. Wenn ihr Fragen habt, schickt ihr gern eine Mail an: mindfulnessberlin@gmail.com www.mindfulnessberlin.de

www.achtsamkeit-mit-kindern-berlin.de

Familien-Seiten des AVE-Instituts direkt ansteuern

Blinde Barfußreise und Pustebilder – Spielideen für Familien

Spielen und achtsam sein – Gedanken zum Spielen

Entspannung und achtsame Bewegung

Mit Emotionen in der Familie gut umgehen

Meditation für Eltern

Meditation für Kinder

 

Shutterstock

Mit Referenten aus verschiedenen Disziplinen.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare

Kategorien