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Grüne Ökonomie: kein Ende des Wachstums?

Kritik der grünen Ökonomie

Ein Buch der Heinrich-Böll-Stiftung

Wie kann es gelingen, eine Gesellschaft zu schaffen, die nicht auf Kosten anderer lebt? Eine Idee ist die „Grüne Ökonomie“, die ökologische und soziale Verantwortung mit wirtschaftlicher Profitabilität vereinbaren will. Das Buch setzt sich kritisch mit den Prinzipien der Grünen Ökonomie auseinander.

Welche Antworten haben wir auf die drängenden globalen Probleme: den Klimawandel, den Verlust der biologischen Vielfalt, Hunger, Armut und Ungleichheit? Lange Zeit bestimmte die Idee der Nachhaltigkeit die Diskussion um Lösungen. Doch der Begriff ist verschwommen; die Vorstellungen davon, was nachhaltig sei, weichen stark voneinander ab.
Heute wird das Konzept der Grünen Ökonomie ins Feld geführt. Den Vereinten Nationen und großen Institutionen wie der Weltbank dient es mittlerweile als Richtschnur für eine zukunftsfähige Entwicklung. Das Ziel ist, den Schutz der Natur, wirtschaftliche Profitabilität und soziale Verantwortung miteinander zu verbinden.
Die Autoren sehen diesen Ansatz kritisch. Leitfragen sind: Ist die Grüne Ökonomie nur ein „Weiter so!“ im grünen Gewand? Geht es wirklich um die Zukunftsfähigkeit unseres Lebens auf der Erde? Und kann grünes Wachstum die Antwort auf unsere Probleme sein?

Rein ökonomische Sicht auf die Natur

Im Hauptteil ihres Buches thematisieren die Autoren einige Prinzip der Grünen Ökonomie, allen voran das Wachstum. Ihre Verfechter wollten das kapitalistische Wirtschaftssystem erhalten und ihm lediglich einen grünen Anstrich geben. Ein Beispiel sind die Agrotreibstoffe: Fossile Brennstoffe werden durch nachwachsende ersetzt.
Was gut sein mag für die Ökobilanz der reichen Länder, blendet die Folgen für arme Länder aus, etwa wenn der Anbau von Agrotreibstoffen landwirtschaftliche Flächen für Lebensmittel verknappt. ‚Land grabbing’, also die Aneignung von Land zum Zwecke des Profits, ist einer der größten Verursacher von Armut. Die Grüne Ökonomie, so der Vorwurf, blende diese Folgen aus und habe eine rein ökonomische Sicht auf die Welt.
Ein weiteres zentrales Element der Grünen Ökonomie sind die Innovationen und die Überzeugung, dass wir der Probleme mit Technik Herr werden könnten. Beispiel Automobilindustrie. Obwohl der Verkehr zu 20 Prozent für die Kohlendioxid-Emissionen und damit erheblich für den Treibhauseffekt verantwortlich ist, wird an alten Mobilitätskonzepten festgehalten; lediglich der Spritverbrauch wird verringert.
„Rebound-Effekte“ würden nicht beachtet: Wer ein verbrauchsarmes Auto fährt, gönnt sich zum Ausgleich mal einen Wochenendflug nach Paris; ein Elektrofahrzeug wird gern mal als Zweit-Auto für den Stadtverkehr angeschafft. Die Autoren diskutieren weitere Beispiele.

Ein Weiter so kann es nicht geben

Die Grüne Ökonomie, so die Kritik, sorge dafür, dass alles beim Alten bleibe. Ein Knackpunkt dieses Konzepts sei das Primat der Wirtschaft, und es gebe viele blinde Flecken, die nicht oder nur unzureichend angesprochen würden: Armut, fehlende Gerechtigkeit, Rechte von Frauen und indigenen Völkern, politische Partizipation.
Dem setzen die Autoren ihr Plädoyer für eine „Politische Ökologie“ entgegen. Denn wir bräuchten Gerechtigkeit, einen Rückgang des Ressourcenverbrauchs, weniger Produktion und Konsum.
Wie ein solcher Wandel genau vonstatten gehen soll, davon ist in dem Buch nicht die Rede. Am Ende bleiben Zweifel und offene Fragen: Wie lassen sich in Zeiten der Globalisierung komplexe Gesellschaften mit dieser Eigendynamik überhaupt politisch steuern – noch dazu weltweit? Bräuchten wir nicht eher eine Kultur des Weniger? Und hängt dies nicht entscheidend vom Verhalten des Einzelnen und einzelner Gruppen ab, die von unten her zerstörerische Strukturen ins Wanken bringen?
Es ist nicht das Ziel des Buches, Alternativen zu durchdenken – und gerade darin liegt auch seine Schwäche. Trotzdem öffnen die Autoren uns die Augen: Ein ‚Weiter so!’ kann es nicht geben. Wer seinen Kindern eine lebenswerte Welt hinterlassen will, braucht Mut für neues Denken und Handeln.
Birgit Stratmann
Barbara Unmüßig, Thomas Fatheuer, Lili Fuhr: Kritik der Grünen Ökonomie. Oekom Verlag, München 2015. 190 S., 14,95 €

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