Wissenschaftler erforschen das Innenleben

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Erste europäische Mind and Life Summerschool im August

Rund 150 Wissenschaftler werden auf Einladung des Mind and Life Institutes vom 23. bis 29. August auf der Fraueninsel zusammen kommen, um Meditation zu erforschen und selbst zu meditieren.

Im Benediktinerinnenkloster auf der Fraueninsel im Chiemsee treffen in diesem August international renommierte Wissenschaftler mit ausgewählten Teilnehmern aus Meditationsforschung und -praxis zum ersten europäischen Forschungsretreat, dem Mind and Life European Summer Research Institute, zusammen.
Eine Woche lang, vom 23. bis 29. August, werden die etwa 150 Wissenschaftler, Meditationslehrer und Praktizierenden gemeinsam forschen, arbeiten – und üben. Neben den akademisch üblichen Vorträgen, den Arbeitsgruppen und Postersessions sind Yoga- und Meditationsübungen wesentliche Bestandteile dieser summerschool.
Der vierte Tag ist vollständig für die Praxis der „kontemplativen Forschung“ vorgesehen. Diesen Tag werden die Teilnehmer in Stille und Meditation verbringen und damit Gelegenheit haben, aus der „Erste-Person-Perspektive“ zu forschen.
Die Programmgestaltung knüpft an das amerikanische Vorbild des Mind and Life Summer Institute an, das seit 2004 jährlich am Garrison Institute in der Nähe von New York stattfindet. Auch in Europa soll die Veranstaltung künftig einmal im Jahr stattfinden.

Tania Singer und Richard Davidson sind dabei

Zu den renommiertesten Sprechern zählt der Neurowissenschaftler Richard Davidson, der 2006 vom Time Magazine zu einer der 100 einflussreichsten Personen der Welt ernannt wurde und mit zahlreichen wichtigen Forschungspreisen geehrt worden ist. Er ist ein langjähriger Freund des Dalai Lama und gehört zu den prominenten Pionieren der neurowissenschaftlichen Meditationsforschung.
Mit von der Partie ist auch Tania Singer. Die Direktorin der Abteilung Soziale Neurowissenschaft am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig macht derzeit vor allem als Leiterin eines großangelegten Forschungsprojektes zum Mitgefühl an der Berliner Charité von sich reden. Im „resource-project“ zeigt sie, dass sowohl Wohlbefinden als auch prosoziales Verhalten im erwachsenen Alter erlernbar und – mit Meditation – trainierbar sind. Eine ihrer prominentesten Versuchspersonen und Berater ist der buddhistische Mönch Matthieu Ricard, dem die Fähigkeit nachgesagt wird, sein Mitgefühl wie mit einem Schalter auf 30, 60, 90 Prozent einstellen zu können, sodass man die neuronalen Vernetzungen mithilfe eines Hirnscanners visuell darstellen kann. Auch er wird auf der Fraueninsel dabei sein.
Die Atmosphäre auf dem Mind and Life Summer Research Institute wird von vielen, die einmal teilgenommen haben, in Büchern und Berichten als einzigartig beschrieben: zugleich als entspannt, kollegial und kooperativ wie auch als kraftvoll, vibrierend und inspirierend. Zahlreiche interdisziplinäre Kooperationen und neue Projekte sind hier entstanden.
So erhoffen sich die Veranstalter, dass nun auch im europäischen Kontext eine neue Generation von Verhaltensforschern, Neurowissenschaftlern und Meditationspraktizierenden den Einfluss von kontemplativer Praxis auf Denken, Fühlen und Handeln, auf Bewusstsein und Gesundheit erforscht und neue Wege für die Anwendung bahnt.
Das Mind and Life Institut ist 1990 aus Dialogen zwischen dem Dalai Lama und Wissenschaftlern verschiedener Forschungsgebiete und Nationen hervorgegangen. Ihr gemeinsames Ziel ist es, Wissenschaftler und Vertreter kontemplativer Traditionen, insbesondere des Buddhismus, in Dialog zu bringen und das menschliche Bewusstsein genauer zu erforschen.
Aus den Dialogrunden sind zahlreiche Bücher hevorgegangen, zuletzt erschienen: Die heilende Kraft der Meditation. Wie sich unser Geist selbst heilen kann von Jon Kabat-Zinn und Richard Davidson, Freiburg 2012.
Cornelia Eybisch-Klimpel

Informationen zum Summer Research Institute
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