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Weniger Plastik – Geht das?

Plastik am Strand
Dustan Woodhouse/ Unsplash

Experiment plastikarm einkaufen

In der Konsumgesellschaft ist Plastik allgegenwärtig – mit all den gravierenden Folgen für die menschliche Gesundheit und die Natur. Die Autorin Maria Köpf hat einen Monat lang für ihre Familie plastikfrei eingekauft. Ein Experiment, das ihr Umweltbewusstsein geschärft hat.

Die Meere, die Seen, die Äcker, die Nahrungsmittel, das Trinkwasser – alles ist längst voller Plastik. Wissenschaftler schätzen, dass der Mensch mit dem Trinkwasser und der Nahrung bis zu fünf Gramm der Stoffe wöchentlich aufnimmt. Das ist die Plastikmenge einer Kreditkarte und sollte den Wunsch zum beherzten Handeln wecken.

Doch was kann ich angesichts der Plastikflut als Einzelne tun? Zumindest das: Meine Familie möchte einen Monat lang Plastik vermeiden und nur Produkte kaufen, die in Papier oder Stoff eingepackt sind.

Es ist der ganz normale Wahnsinn: In meiner vierköpfigen Familie produzieren wir pro Woche beinahe zwei große gelbe Säcke Plastik. Und damit sind wir nicht allein.

Die australische Minderoo Stiftung schätzt, dass die Herstellung von Einwegplastik weltweit zwischen 2019 und 2021 auf sechs Millionen Tonnen jährlich gestiegen ist. Und bis zum Jahr 2027 zusätzlich 60 Millionen Tonnen Einwegplastik hinzukommen werden.

Plastik ist gleich in mehrfacher Hinsicht schlecht für Mensch und Natur: Acht Prozent aller fossilen Rohstoffe werden für Plastik verwendet. Da fossile Stoffe wie Erdöl knapp werden, müssen immer aggressivere Förderungsformen herhalten, wie das umweltgiftige „Fracking“ oder Bohrungen in der Tiefsee.

Zudem enthält Plastik giftige Chemikalien wie Phthalate (Weichmacher) und krebsförderliche Stoffe wie Bisphenol A. Einige davon sind Dauergifte, die in der Natur lange Zeit nicht abgebaut werden.

Ein anderes Problem ist Mikroplastik, das sich durch Kontakt zu Säuren oder Tensiden rasch herauslöst; ebenso wie Makroplastik, das aus Autoreifen und anderen Materialien abgerieben wird. Mikro- und Makroplastik verunreinigen Flüsse und Meere, vergiften Fische und Vögel, erzeugen Müllinseln im Meer und Müllstädte an Land.

Gerne würde man den europäischen Politikern zurufen: „Bitte, verbietet Plastik! Schafft bitte schnell die Vorschriften, die wir befolgen müssen.“ Doch bis dahin scheint es noch ein langer Weg zu sein. Daher teste ich nun für meine Familie, ob wir Plastik umgehen können, das uns im Supermarkt „verführerisch“ anlächelt.

Frust im Supermarkt

Mein erster Einkauf geht bewusst nicht zum abgelegenen Unverpacktladen. Es muss doch möglich sein, sagt mein rebellisches Ich, im nächsten Supermarkt bewusst Plastik zu vermeiden. Offenbar ist mir selbst nicht bewusst, wie viel Plastik mich umgibt.

Gedanklich werden erste Strategien durchgespielt: Butter ist zwar immer noch verpackt, aber zumindest nicht in dickwandiges Kunststoff, sondern in relativ dünne, aluminiumbeschichtete Folien. Ergo wähle ich statt der ohnehin nicht allzu gesunden Margarine lieber Butter, Schmalz oder veganes Pflanzenfett – im Blockformat.

Als nächstes erlebe ich einen Frustrationsmoment: Der österreichische Butterzopf, den ich so mag, mein „Striezel“, ist in eine Kunststofffolie gewickelt. Ich kämpfe mit mir, denn er stellt eine liebgewonnene Abwechselung und einen mild gesüßten Ersatz für zuckrigen Kuchen dar.

„Das gibt es bei diesem Einkauf dann eben nicht“, denke ich und lasse den Butterzopf links liegen. Fünf Schritte weiter liegt eine Backbox mit Teigwaren. Die lassen sich in die Papiertüten geben, die eigens dafür bereit liegen.

Auch bereits benutze Papiertüten vom letzten Brotkauf habe ich mitgenommen, darin packe ich die Teigwaren. So spare ich auch das Stück Plastikfolie, das sich fensterartig auf der Oberseite befindet.

Warum Obst und Gemüse in Plastik verpacken?

Für den Aufschnittkäse und die Salami verwende ich eine mitgebrachte Tupperdose: „Können Sie mir den Aufschnitt zu je 150 Gramm bitte in diese Dosen legen?“, frage ich die Frischtheken-Verkäuferin. Sie nickt selbstverständlich und befüllt die Dose.

Ich frage noch interessehalber nach: „Bin ich grundsätzlich die Einzige, die ihre eigene Verpackung mitbringt?“ Die Verkäuferin lächelt: „Das kommt zwar nicht oft vor, aber bestimmte Kunden bringen zu jedem Einkauf ihre Tupperdose mit.“

In der Obst- und Gemüseabteilung erneut Frust: Hat sich zwar für Bananen, Salatgurken, Kohlrabi und Strauchtomaten eingebürgert, diese unverpackt anzubieten, ist der Rest fast durchweg in Plastik vergepackt.

Selbst bei den Äpfeln finden sich häufig größere Gebinde aus Plastikfolie mit kleinen „Atmungslöchern“. Warum, geht mir durch den Kopf, kann man diese nicht so wie Kartoffeln einfach in ein Baumwollnetz geben – oder zumindest in ein plastikärmeres Kunststoffnetz?

Was leicht geht

Mehrere Wochen kaufe ich plastikfrei ein. Es macht mir nichts aus, keine abgepackten Äpfel mehr zu kaufen. Im Gegensatz zu früher werden die losen Äpfel, Karotten oder Birnen nicht so schnell schimmelig. „Mehr genießen, weniger konsumieren“, wird unser Motto.

Ich vermisse auch keinen abgepackten Käse oder abgepackte Wurst. Die Frischwarentheke bietet so köstliche Alternativen!

Nur bei Süßigkeiten musste ich Verzicht üben. Warum ist es nicht möglich, Gummibärchen so zu verpacken, dass nur die Innenschicht plastiküberzogen ist, die Außenschicht aber aus Papier oder maisbasierter Folie?

Bei Nudeln und Reis wundere ich mich, dass scheinbar nur gewisse Hersteller auf Papierverpackung setzen. „Warum nur?“, denke ich immer wieder vor Nudelregalen. Ist Pasta doch lange haltbar, auch in Papierkartons.

Mehr darüber nachdenken, wie wir konsumieren

In jedem Fall wird schnell klar: Es funktioniert. Selbst im Supermarkt um die Ecke in einer ländlichen Region. Überall sind Alternativen zu Plastikverpackungen zu finden. Obst und Gemüse könnte man auch auf dem Wochenmarkt kaufen.

Doch meine wichtigste Erkenntnis nach vier Wochen plastikarmem Einkauf: Wir produzieren viel zu viel Müll, etwa Windeln. Daher probiere ich den Tipp einer Freundin aus: Sie lässt ihre Kinder im ersten Sommer windelfrei im Garten spielen.

Dadurch erzeugt man keinen Druck und erleichtert dem Kind, sich ohne Windel freier zu fühlen. Nebenbei fällt weniger Müll an.

Das vierwöchige Experiment hat mein Bewusstsein geschärft. Jetzt merke ich, was für riesige Mengen Müll gerade die Großgebinde erzeugen: Pflanzenvliese auf dem Beet, riesige Möbelverpackungen. Aber auch die Produkte selbst stecken voller Kunststoffe, teilweise mit Schadstoffen belastet wie Textilien und Badzubehör.

Gerade die Kombination aus Plastik, Tensiden, Säuren und heißem Wasser ist Gift. Daher wasche ich Kunststoffkleidung und Plastikgeschirr grundsätzlich nie bei 50 oder 60 Grad und verwende tensidearme Waschmittel.

Interessant ist: Wenn man einmal anfängt, bewusster zu konsumieren, wird es leichter. Auch wird man aufmerksamer für das, was jede Einzelne der Umwelt und nachfolgenden Generationen antut.

Daher ist es gut, wenn jede Verbraucherin und jeder Verbraucher bewusster einkauft. Damit helfen wir, unseren Nachkommen einen gesünderen Planeten zu hinterlassen. Und das erlebe ich selbst als stärkend.

Infos  rund um die Gefahren und Herausforderungen rund um Plastik und Recycling: https://linetocircle.de/plastik-in-der-kritik/

 

Foto: privat

Maria Köpf arbeitet als Journalistin und Dozentin in Klagenfurt. Sie hat Germanistik und Judaistik studiert und schreibt u.a. für Magazine wie Spektrum Gesundheit oder Onlinemedien wie Ethik-heute.org oder Spiegel Online.

 

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Mit Referenten aus verschiedenen Disziplinen.

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