Gastbeitrag der Filmemacherin Aleksandra Kumorek
Die Filmemacherin setzt sich entschieden gegen brutale Gewaltdarstellungen in Medien ein. Sie arbeitet gerade an einem neuen Dokumentarfilm über die Meditationslehrerin Ruth Denison, die Gewalt durch Mitgefühl transformiert hat.
Als ich den Trailer zu Lars von Triers Film „Antichrist“ sah, der massiv in sexueller Gewalt schwelgt, beschloss ich, mir Triers Filme nicht mehr anzusehen. Von Quentin Tarantino hatte ich mich schon vor gut 20 Jahren nach „Pulp Fiction“ verabschiedet. Der dänische Filmregisseur Lars von Trier und der US-amerikanische Filmregisseur Quentin Tarantino sind unbestritten zwei der handwerklich brillantesten Regisseure unserer Zeit. Doch ihre Filme laden den Zuschauer dazu ein, die dargestellte Gewalt zu genießen, sich damit zu identifizieren, darin zu schwelgen.
„Man darf Gewalt im Film nicht genießen“ (R.W. Fassbinder)
„Aber Gewalt ist Teil unserer Realität!“ bekomme ich oft zur Antwort. Sollen wir jegliche Gewalttätigkeit verdrängen und aus Filmen ausblenden? Sollen wir nur eine heile „Rosamunde-Pilcher-Welt“ darstellen? Rainer Werner Fassbinder, einer der bedeutendsten Regisseure des 20. Jahrhunderts, hatte darauf eine weise Antwort. Natürlich sollen Filme Gewalt nicht ausblenden, aber „man darf Gewalt im Film nicht genießen“.
Für mich als Filmemacherin war dieser Satz Fassbinders immer eine gute Leitlinie. Denn natürlich wäre es eine Verzerrung der Realität, Gewalt im Film auszublenden. In meinem letzten Kinofilm „Die Eroberung der inneren Freiheit“ ging es vor allem um Gewalt: Langzeitinhaftierte stellten sich ihren Taten und reflektierten diese mithilfe der Methode der Sokratischen Gespräche. Alle Protagonisten hatten ein schweres Verbrechen begangen: Auftragsmord, Raubmord, Entführung … Interessanterweise erzählten sie, wie schwierig es ihnen fiel, sich ihren Taten zu stellen, weil Gewalt in Filmen glorifiziert wird.
So erzählte der Auftragsmörder Gaston, dass er viele Jahre brauchte, sich seine Schuld einzugestehen, weil ihm alle auf die Schulter klopften: „Auftragsmörder, das ist cool!“ Wie absurd ist es, wenn ein im Gefängnis sitzender Auftragsmörder den Fernseher einschaltet und dort in einem Film wie „Pulp Fiction“ die Glorifizierung seines Verbrechens sieht! Das ist mir erst während meiner Dreharbeiten im Gefängnis deutlich geworden.
Mir war es wichtig, in der „Eroberung der inneren Freiheit“ die Zusammenhänge aufzudecken wie Gewalt entsteht. An einer bewegenden Stelle des Films erzählt Gaston, wie sein Vater ihn und seinen kleinen Bruder misshandelte. Gewalt war für Gaston seit frühester Kindheit „gelebte Normalität“, so dass der Schritt, einen Auftragsmord zu begehen, irgendwann nicht mehr so groß erschien. Wer Gewalt sät, wird Gewalt ernten, wie der Buddha sagen würde …
Auch in dem aktuellen Dokumentarfilm „Der lautlose Tanz des Lebens“, an dem ich arbeite, spielt Gewalt eine wichtige Rolle. Portraitiert wird die 92-jährige Ruth Denison, eine deutschstämmige buddhistische Lehrerin, die ein Meditationszentrum in der kalifornischen Mojave-Wüste leitet.
Ruth war als junge Frau nach dem Zweiten Weltkrieg unvorstellbarer Gewalt ausgesetzt: eineinhalb Jahre lang musste sie Massenvergewaltigungen durch sowjetische Soldaten erleiden. Statt daran zu zerbrechen, schaffte Ruth es, die Gewalt zu transformieren – sie wurde zu einer der bedeutendsten buddhistischen Lehrerinnen, zu einer Pionierin des Buddhismus im Westen.
Was ist Ruths Geheimnis? Wieso konnte Ruth diese traumatisierenden Gewalterfahrungen hinter sich lassen, während tausende Frauen daran zerbrachen? Der Film „Der lautlose Tanz des Lebens“ beschäftigt sich mit eben dieser Frage der Transformation von Gewalt. Ja, Gewalt sollte unbedingt im Film thematisiert werden – mit Mitgefühl und dem tiefen Wunsch, ihre Ursachen zu verstehen.
Bis zum 23. März gibt es die Möglichkeit, über Crowdfunding für den Dokumentarfilm von Aleksandra Kumorek „Der lautlose Tanz des Lebens“ zu spenden und zu ermöglichen, dass dieser Film entsteht. Hier geht es zur Projektbeschreibung.
Ruth Denison ist am 26. Februar 2015 in Folge einer Gehirnblutung gestorben. Infos dazu in englischer Sprache.
Zur Entstehung des Films
Die Dreharbeiten sind nach der Rückkehr von Aleksandra Kumorek aus der Wüste vor einigen Wochen abgeschlossen. Sie möchte den Film bis Ende 2015 fertigstellen, um ihn im Berlinale-Forum 2016 einzureichen.
Wenn Sie eine Freundschaftsanfrage an die Filmemacherin Aleksandra Kumorek auf Facebook stellen und der Ruth Denison-Filmseite Ihr “like” geben, erhalten Sie alle Informationen über den Fortschritt des Projektes.
Aleksandra Kumorek ist eine deutsche Drehbuchautorin und Filmregisseurin. Sie wurde in Polen geboren und lebt seit 1981 in Berlin. Sie ist Co-Founder of the Mindful Artists Network
Die Gewalt in Medien ist gut da es besser ist wenn Menschen ihre Aggressionen online abbauen,bzw. während dem Fernsehen als an ihren Mitmenschen. Außerdem bereitet es die Bevölkerung auf die Schrecken des 3. Weltkrieg vor.