Meditation der liebenden Güte
Was hilft in Krisenzeiten, mit starken Emotionen, Ohnmacht und Verzweiflung umzugehen? Die Achtsamkeitslehrerin Michaela Doepke bietet Übungen zur „Ersten Hilfe“ an, einschließlich einer Meditation der liebenden Güte. Mit Audiodatei.
„Es gibt eine Vitalität, eine Lebenskraft, eine Energie, die durch dich in Handlung umgesetzt wird.“ Martha Graham
Entsetzen und Panik angesichts des Krieges gegen die Ukraine lähmen derzeit viele Menschen. Sie erleben sich unruhig, verzweifelt, fühlen sich erstarrt, macht- und hilflos. Das ist nur zu menschlich und verständlich.
Es ist normal, in dieser Situation stärkere Angstgefühle zu haben. Die psychischen Ressourcen der Menschen sind auch durch die Corona-Pandemie langsam aufgebraucht. Viele können sich auf nichts mehr freuen, weil die Zukunft so dunkel aussieht, oder sie finden keinen Schlaf.
Wie können wir in dieser aktuell bedrückenden Situation innerlich stabil und handlungsfähig bleiben? Und wie kommen wir aus der Erstarrung wieder heraus? Wie können wir unser Herz und unseren Geist weich und offen halten, ohne uns zu verschließen oder von starken Emotionen überwältigt in Selbstmitleid abzudriften?
Innehalten und das Gute in uns stärken
Auch wenn wir uns machtlos und paralysiert fühlen, können wir innere Kraftquellen in uns stärken. Hier einige Anregungen für Ihre persönliche Praxis:
Achtsames Selbstmitgefühl: Wenn wir in Stressreaktionen wie Kampf, Flucht oder Erstarrung verfallen, können wir zunächst eine kleine Übung zur Beruhigung aus dem Achtsamen Selbstmitgefühl praktizieren. Wir können die Augen schließen, eine Hand auf das Herz legen, unseren Schmerz anerkennen. Während wir uns verlassen fühlen, können wir ein Gefühl von Verbundenheit kultivieren, indem wir zu uns sagen:
Dies ist ein Moment des Leidens.
Leiden ist universell und gehört zum Menschsein.
Möge ich freundlich mit mir sein.
Lauschen: Was würde mir ein guter Freund oder eine gute Freundin in dieser Situation raten?
Ich weiß, morgen ist ein neuer Tag, an dem die Sonne scheint.
Bei Panik ist es auch hilfreich, sich hinzulegen, beide Hände auf die Bauchdecke zu legen und zu spüren, wie sich die Bauchdecke beim Einatmen hebt und beim Ausatmen wieder senkt, bis der innere Sturm vorüber ist und wir uns beruhigt haben. Möglich wäre es auch den Atem zu zählen, denn bei Panik ist es wichtig, die Kontrolle zu behalten.
Mit Achtsamkeit Emotionen regulieren: Hilfreich sind auch alle Achtsamkeitsmeditationen, mit denen wir praktizieren, die Aufmerksamkeit immer wieder in die Gegenwart zu lenken, wenn wir uns in destruktiven Gedanken und Grübeleien verlieren. Wir üben so, unsere Emotionen und Gedanken zu regulieren, ohne impulsiv im Stress zu reagieren.
Zur Meditation: Den aufgewühlten Geist beruhigen
Zur Meditation: Sitzen wie ein Berg
Das Gute im Gehirn verankern: Wissenschaftler haben herausgefunden, dass unser Gehirn eine angeborene Negativitätstendenz hat. Daher ist es wichtig, täglich eine positive Geisteshaltung zu kultivieren. Um das Gute im Gehirn zu verankern, empfiehlt der Neuropsychologe Rick Hanson, positive Erfahrungen wirklich zu auf sich wirken zu lassen und für 20 bis 30 Sekunden im Herzen und im Körper zu spüren. Sehr unterstützend kann es auch sein, sich vor dem Schlafengehen an drei Dinge zu erinnern, für die wir an diesem Tag dankbar sind (Rick Hanson, Just 1 Thing, Arbor Verlag).
Die Meditation des inneren Friedens
Die aus meiner Sicht wirksamste Meditation, um inneren Frieden zu finden, ist die Meditation der liebenden Güte, im Buddhismus auch “Metta-Meditation” genannt. Sie ist das direkte Gegenmittel gegen Angst und Wut und kann bewusstseinsverändernd wirken. Als Überschrift für die Metta-Meditation könnte ein Spruch von Buddha stehen:
„Hass kann niemals durch Hass besiegt werden. Hass kann nur durch Liebe besiegt werden.“
In einem ersten Schritt begegnen wir uns angesichts unserer Probleme mit bedingungsloser Liebe und Mitgefühl. Dann dehnen wir dieses Wohlwollen im nächsten Schritt auf eine geliebte Person, eine neutrale Person, eine Konfliktperson und zuletzt auf alle Lebewesen aus. Zuletzt senden uns und allen Lebewesen gleichermaßen gute Wünsche. Diese Meditation stärkt das Weisheitswissen in uns, dass wir alle verbunden und voneinander abhängig sind.
Frieden entsteht nur, wenn wir das Gegenüber respektieren und gleich allen Lebewesen akzeptieren und wertschätzen. In der Metta-Meditation wünschen wir auch Konfliktpersonen Gutes. So kann sich das im Stress verengte Herz weiten und wir können uns mit unserer essenziellen Liebe und Gutherzigkeit verbinden und inneren Frieden finden.
Wichtig ist es, im Alltag von Zeit zu Zeit einen Reset zu machen und sich mit der essenziellen Liebe in unserem eigenen Herzen zu verbinden, die wir jederzeit kultivieren können.
Michaela Doepke ist Journalistin und Redakteurin im Netzwerk Ethik heute, Dozentin, Buchautorin, MBSR- und Meditationslehrerin in Unternehmen, im Gesundheitsbereich und in Kindergärten. Sie lebt und arbeitet am Ammersee in Bayern, hat erwachsene vier Kinder und zwei Enkel. Ihr Anliegen ist es, Achtsamkeit und Ethik in die Gesellschaft zu integrieren und Menschen einfühlsam zu unterstützen. Mehr: www.michaela-doepke.de