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Die Moral und das Geld

Towfiqu Barbhuiya / Unsplash
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Ethische Geldanlagen und ihre Tücken

Wer Geld nach ethischen Kriterien anlegen will, muss meist lange recherchieren: Oft ist nicht ganz klar, an welchen Unternehmen ein Fond Anteile hält. Andreas Oehler, Professor für Finanzwirtschaft, gibt einige Anregungen und erklärt, wie das Investieren auch mit guten Gewissen gelingen kann.

Lebensmittel, Miete und Energie werden immer teurer. Gleichzeitig ist Erspartes immer weniger wert. Wer in diesen Zeiten Geld übrig hat, will es vor der Inflation in Sicherheit wissen. Wer sein Geld nicht nur sicher, sondern auch mit gutem Gewissen investieren möchte, muss meist lange recherchieren.

Denn welche Unternehmen in einem Aktienpakete enthalten sind, ist selten auf den ersten Blick sichtbar. Ob ein Fond Waffen, Kernenergie oder andere zweifelhafte Branchen fördert, müssen angehende Anlegende meist selbst herausfinden. Andreas Oehler, Professor für Finanzwirtschaft erklärt, wie es geht – und wo es Probleme gibt.

Es ist durchaus möglich, sein Geld anzulegen und dabei seinen Werten treu zu bleiben. „Es gibt immer mehr Unternehmen, die sich einer sozialen, ökologischen oder allgemein guten Unternehmensführung verschrieben haben“, erklärt Andreas Oehler, Professor für Finanzwirtschaft.

Kurz werden diese oft als ESG-Unternehmen bezeichnet, ein Akronym aus Environmental (Umwelt), Social (Soziales), und Governance (Führung). „Auch für private Anleger und für wenig Geld ist eine nachhaltige Geldanlage möglich.“

Doch Oehler warnt: „Sie sollten jedoch darauf achten, kein Geld zu verlieren, indem Sie die falschen Produkte wählen. Die Produkte müssen zu Ihnen passen. Hier gelten genau die gleichen Kriterien wie für Nicht-ESG-Anlagen auch, also zum Beispiel, dass das Portfolio weltweit breit gestreut und das Risiko passend kalkuliert ist.“

Wie Geld nachhaltig wachsen kann

Für private Investitionen ohne spezielles Wissen von Markt oder Aktien empfiehlt es sich, eher auf breit streuende passive Investmentfonds statt auf Aktien einzelner Unternehmen zu setzen. Dabei ist der Gewinn im Durchschnitt zwar meist etwas niedriger, dafür ist aber auch das Risiko geringer. Im Wesentlichen gibt es drei verschiedene Arten, nachhaltig zu investieren:

1) Die sogenannten ethische Fonds. Diese Fonds investieren nur in Unternehmen, die bestimmte ethische oder moralische Standards erfüllen. Entsprechend schließen diese Fonds bestimmte Branchen aus und investieren beispielsweise nicht in Waffen oder Kernenergie. Zum Beispiel werden Unternehmen ausgeschlossen, die in den Bereichen Waffenproduktion, Tabakindustrie oder Atomenergie tätig sind. Ethische Fonds gibt es in verschiedenen Ausprägungen, von konservativen Fonds bis hin zu Fonds, die in innovative und zukunftsfähige Technologien investieren.

2) Daneben gibt es Green Bonds, also Anleihen, die speziell für umweltfreundliche Projekte ausgegeben werden, wie zum Beispiel den Bau von Windkraftanlagen oder den Ausbau von öffentlichem Nahverkehr. Green Bonds können eine sichere und stabile Anlageform sein. Sie sind gleichzeitig eine Möglichkeit, in den Ausbau von umweltfreundlichen Technologien zu investieren.

3) Die dritte Möglichkeit ist das sogenannte Impact Investing. Hierbei geht es nicht nur um die finanzielle Rendite, sondern auch um den gesellschaftlichen oder ökologischen Impact, den eine Investition hat.

Impact Investing zielt darauf ab, positive Veränderungen in der Gesellschaft oder Umwelt zu bewirken, wie zum Beispiel die Förderung von Bildung oder die Verbesserung der Gesundheitsversorgung in Entwicklungsländern. Hierbei handelt es sich oft um langfristige Investitionen, die auch eine höhere Rendite versprechen können.

Unzureichende Produktkennzeichnung erschwert die Entscheidung

„Aus der Sicht von Privatpersonen kann man zum Beispiel entscheiden, dass keinesfalls Geldanlagen in Bereichen wie Gentechnik, fossile Energieträger oder Atomenergie dabei sein sollen – man kann also negativ auslesen. Umgekehrt lässt sich eine Positivauswahl treffen: Welche Branchen sollten unbedingt dabei sein?

Ich kann zum Beispiel auf Geldanlagen fokussieren, die Erneuerbare Energien nutzen und fördern oder faire und gendergerechte Entlohnung bieten“, rät Oehler. Auf Webseiten wie justetf.com oder finanzfluss.de lässt sich einsehen, wie ein Fond zusammengesetzt ist und an welchen Unternehmen sie beteiligt sind.

„Das grundlegende Problem ist, dass auch bei den klassischen Finanzprodukten die Produktkennzeichnung immer noch sehr schlecht ist, weil nicht genügend über die Chancen und vor allem die Risiken aufgeklärt wird“, sagt Oehler. „Man müsste doch schon beim Lesen eines Informationsblattes sofort ableiten können, was das Produkt mit mir und meinem Vermögen macht – das geht bis heute nicht.“

Außerdem wünscht sich Oehler, dass die Informationen zu den Finanzprodukten leichter zu vergleichen sein sollten. „Das ist momentan nicht so – und das ist fatal. Da kann ich verstehen, dass viele genervt sind und sagen, dann lasse ich das Geld auf dem Girokonto oder dem Sparbuch liegen.“
Auch nachhaltige Anlageformen seien oft nicht transparenter als herkömmliche. Zudem fehle es immer noch an einer vergleichbaren Kennzeichnung. So ist immer noch viel Recherche nötig, um ESG-Anlageformen von anderen zu unterscheiden. Oft ist das ohne Fachwissen gar nicht möglich.

Ist Ethik drin, wenn ESG draufsteht?

„Man sollte nicht der Illusion unterliegen, genau das zu bekommen, was man sich vorstellt. Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung erhält man nur näherungsweise und mit bescheidener Transparenz“, räumt Oehler ein. Deshalb rät er dazu, am ehesten in weltweit breit streuende nachhaltige und passive Fonds, sogenannten ESG-ETF, zu investieren.

„Es ist sinnvoller, mit ein paar Abstrichen nachhaltig anzulegen, als sich gar nicht um das Thema zu kümmern“, fasst Oehler zusammen. Dabei kann man zum Beispiel darauf achten, dass diese ESG-ETF Branchen ausschließen, die fossile Energieträger nutzen.

„Dann geht man zwar das Risiko ein, dass man im Fonds Anteile hat, die nicht lupenrein umwelt- oder sozialfreundlich sind, aber das ist immer noch besser, als wenn man überhaupt nicht darauf achtet“, so Oehler.

„Das funktioniert auch mit geringen Beträgen. Das heißt aber nicht, dass die Politik nicht dringend gefordert wäre, einen Mindeststandard zu schaffen, an dem man erkennt, ob ESG drinnen ist, wenn es darauf steht. Es ist ein gesetzlicher Mindeststandard notwendig. Es geht nicht, dass ein Anbieter lediglich behauptet, Treibhausgasemissionen zu reduzieren, er muss dies auch für Verbraucher nachvollziehbar belegen.“

Regeln fürs gute Gewissen

Außerdem braucht es Regeln und Schwellenwerte, um Greenwashing zu vermeiden oder zu erkennen. Dabei geht es etwa um die Frage, ob auch bei einem nachhaltigen Fonds noch fünf Prozent des Umsatzes aus Kinderarbeit oder Atomenergie stammen dürfen oder nicht. So etwas ganz auszuschließen, wird momentan schwierig, wenn man sein Investment weltweit breit streuen will“, gibt Oehler zu bedenken.

Solche ESG-ETF könne man einfach selbst auswählen, erklärt Oehler. „Es gibt Listen, etwa die der Stiftung Warentest, die nachhaltige ETFs auflisten. Allerdings fehlen da meist einige gute neuere Angebote.“

Um langfristig etwas für die Altersvorsorge zu sparen, empfiehlt Oehler das Verhältnis 50:50: also die eine Hälfte des Geldes in einen ESG-ETF, gegebenenfalls gemischt mit einem breit streuenden normalen ETF, zu investieren und die andere Hälfte auf ein Tagesgeldkonto zu legen, auch um jederzeit Geld zur Verfügung zu haben.

„Heute können Sie bei einem weltweit breit streuenden ESG-ETF mindestens die gleiche, bei vielen sogar eine höhere Rendite bei vergleichbarem Risiko erzielen.“ So ist das Investieren sowohl finanziell sinnvoll und gut für die Welt und das Gewissen.

Mehr zum Thema:

Artikel über Ethische Geldanlagen

Der Philosoph Jay Garfield: Wie ist es moralisch zu bewerten, Geld in Aktien anzulegen?

Auf diesen Websites kann man Fonds checken:

 

Ines Maria Eckermann machte einen Doktor in Philosophie. Nebenbei heuerte sie als freie Mitarbeiterin bei verschiedenen Medien an und engagiert sich im Umweltschutz.

Lesen Sie einen weiteren Beitrag der Autorin über Fast Fashion: Mode zum Wegwerfen – Wie Shein, H&M und Co.  Mensch und Umwelt schädigen

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