Online Magazin für Ethik und Achtsamkeit

Bildung – mit Präsenz und Empathie

Im Schulgarten: Szene aus Teachers For Life
Lernen in Verbundenheit – Szene aus Teachers For Life |
Im Schulgarten: Szene aus Teachers For Life

Der Film Teachers For Life

Der Kinodokumentarfilm von 2021 fragt: Wie kann Bildung so erweitert werden, dass Achtsamkeit, Empathie und Verantwortung für die Erde integriert werden? Die Filmemacher begleiten außergewöhliche Pädagogen, die eins gemeinsam haben: Sie stellen die Beziehung zu den jungen Menschen in den Mittelpunkt.

 

Der Dokumentarfilm Teachers for Life von Julian Wildgruber („From Business to being“) und der Pädagogin Kathrin Höckel, produziert vom AVE Institut, bricht mit unseren Gewohnheiten: Er taugt nicht zur Berieselung oder Unterhaltung, er informiert nicht auf gängige Weise und er polarisiert auch nicht. Und doch packt er ein heißes Eisen an: Wie könnte unsere Bildung so erweitert werden, dass Persönlichkeitsentwicklung, Achtsamkeit, Empathie und Verantwortung für die Erde integriert werden?

Der erste Teil ist eine Herausforderung. Die Zuschauerinnen und Zuschauer sollen in das Thema reingezogen werden durch Geschichten aus dem pädagogischen Alltag, die jedoch nicht erklärt oder kommentiert werden:

So erleben wir einen Lehrer in England, der seinen Schülerinnen und Schülern Verantwortung und Engagement für die Welt vermitteln möchte; einen Fußballtrainer, der Nachwuchsspieler für die französische Nationalmannschaft trainiert und dabei auch Persönlichkeitsentwicklung einschließt; die dänische Familientherapeutin Helle Jensen, die über die große Bedeutung von Beziehung für das Lernen spricht; und eine junge Lehrerin in Berlin im Examen, die in ihrer Klasse Achtsamkeit meditiert.

Die Episoden wechseln einander ab, und für den Zuschauer ist zunächst unklar, wer diese Personen genau sind und worum es eigentlich geht. So bleibt einem nichts anderes ürig, als die Bilder und Aussagen der Protagonisten auf sich wirken zu lassen, ohne vorgefertigte Konzepte, Schubladen, ohne Zusatzinformation. Offenbar wollen uns die Filmemacher in eine Erfahrung der Achtsamkeit, des einfachen Beobachtens ziehen.

Vimeo

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Vimeo.
Mehr erfahren

Video laden

Der Mensch im Mittelpunkt der Bildung

Im zweiten Teil nimmt der Kinodokumentarfilm Fahrt auf. Die Geschichten verdichten sich und das Thema kristallisiert sich heraus: Was brauchen Heranwachsende, um ihre Persönlichkeit zu entwickeln? Wie könnten Achtsamkeit und Meditation im Schulunterricht helfen, um Stress abzubauen, sich zu fokussieren und einen guten Umgang mit Emotionen zu finden?

Wie kann man die Potenziale von Kindern und Jugendlichen ausschöpfen, wenn sie sich um die Erde sorgen und etwas gegen Klimawandel und Umweltzerstörung tun wollen? So etwa, wenn der Lehrer Richard Dunne beim Bergausflug mit Ausblick auf den Mont Blanc die Kinder inspiriert: „Das ist das beste Klassenzimmer der Welt. Was können wir für die Zukunft unseres Planeten tun?“

Wir erleben mit, wie Kinder und Jugendliche auf sehr individuelle Art ermutigt werden – nicht schulmeisterlich, jenseits von Diskussionen über Lernziele, Curricula und Noten. Wir erleben bewegende Beziehungen von Lehrkräften zu ihren Schülern.

So äußert die junge Lehrerin Lisa Niehoff aus Berlin: „Als Lehrkraft strahle ich etwas aus, wenn ich wirklich authentisch bin und Themen mich tief berühren. Das kommt bei den Schülern an.“ Oder wie der Fußballtrainer Philippe Bretaud dem Nachwuchs vermittelt: „Man muss immer an sich glauben.“ Und zu sich selbst: „Auch wenn wir als Erzieher manchmal Zweifel haben.“

Durch das langsame Geschehen, die vielen meditativen Bilder wird eine Stimmung der Entschleunigung erzeugt. Es entsteht Raum, einfach nur wahrzunehmen. Vielleicht sieht man die eigenen Kinder und Enkel in einem anderen Licht und neuer Perspektive. Manchmal steigen eigene Erfahrungen der Schulzeit auf. Wie war das damals? Was hätte ich mir gewünscht? Was wünsche ich mir für meine Kinder?

Filmkunst, die berühren möchte

Für die, die sich darauf einlassen kann, bietet Teachers For Life selbst neue Erfahrungen: hinschauen, Neues auf sich wirken lassen, ohne gleich zu wissen und zu beurteilen bzw. die eigenen Urteile und vorgefertigten Meinungen zu durchschauen. Das ist ein ziemlich radikaler Ansatz, und es ist die Frage, ob jeder Zuschauer die Bereitschaft dazu mitbringt. Aber es ist auch Filmkunst, die den Menschen berühren möchte.

Nicht nur die Protagonisten kommen zu Wort, sondern im 2. Teil auch Kinder und Jugendliche. Es sind bewegende Botschaften, die sie mitzuteilen haben, wenn man ihnen auf Augenhöhe begegnet: über ihren Stress, ihren Druck, ihre Sorgen um die Erde und ihre Zukunft, aber auch ihre tieferen Wünsche danach, wertgeschätzt zu werden, eigene Stärken und Schwächen zu erkennen, für sich selbst und für das Leben zu lernen.

Die Botschaft, dass Bildung mehr ist, als das, was in unseren Schulen derzeit stattfindet, kommt gut rüber, ohne reißerische Überschriften, plakative Statements und kontroverse Debatten. Die Dokumentation regt zum Nachdenken an, auch darüber, wie wir vorhandene Spielräume in Schulen nutzen könnten, um näher am Menschen zu sein.

Und doch ist es ein gewagter Film, der darauf baut, dass man sich auf das Experiment einlässt. Mit Informationen wird gespart. Vieles bleibt unklar. Vielleicht empfinden einige es als Bevormundung, ohne Vorwarnung in die Erfahrung der Achtsamkeit geworfen zu werden. Noch dazu, wenn eine Vorstellung von Achtsamkeit als ein Zustand jenseits von Begriffen und Konzepten zugrunde gelegt wird, die nicht jeder teilt. Probleme werden ausgeklammert, Gegenmeinungen kommen nicht zu Wort, Diskussionen finden nicht statt.

Wer sich aber darauf einlässt, für den kann Teachers For Life ein Türöffner sein, neu und anders über Bildung nachzudenken. Denn auch wenn es keinen Erzähler gibt, der alles einordnet, so wird doch, so will es das Drehbuch, aus den Aussagen der Kinder und Erwachsenen die Botschaft klar: dass Bildung mehr sein muss als Mathe und Deutsch und dass der Mensch im Mittelpunkt stehen sollte.

Wie genau das umzusetzen ist, darüber müssen sich die Verantwortlichen im Bildungssystem Gedanken machen. Der Film setzt hierfür einen Impuls.

Birgit Stratmann

Lesen Sie auch das Interview mit dem Filmemacher Julian Wildgruber zu seinem Film Teachers For Life

Infos zum Film

Der Film wurde produziert vom AVE Institut, das sich dafür engagiert, Achtsamkeit und Empathie in die Schulkultur zu integrieren. Zum Portal des AVE Instituts

Teachers For Life gibt es als Video on Demand bei den üblichen Anbietern.

preview-full-shutterstock_1156208422-fizkes_a
Shutterstock

Online-Abende: Kommen Sie mit uns ins Gespräch!

Online-Abende: Kommen Sie mit uns ins Gespräch!

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare

Kategorien