Jede Stimme zählt

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Das Erfolgsgeheimnis des Hamburger Spendenparlaments

In Hamburg kämpft das Spendenparlament gegen Armut, Obdachlosigkeit und Isolation. Ein besonderes Merkmal des “Exportschlagers” ist die demokratische Entscheidungsfindung. Ein Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden Jobst Böhning.

 

Herr Böhning, nach welchen Grundsätzen arbeitet das Hamburger Spendenparlament? Was sind die Förderkriterien?

Das Spendenparlament fördert gemeinnützig tätige Träger in Hamburg, die Projekte gegen Obdachlosigkeit, Armut und Isolation durchführen. Uns ist wichtig, dass 100 Prozent der Spendengelder in die Projekte fließen. Kein Cent wird für Verwaltungskosten abgezweigt, die daher separat von Sponsoren eingeworben werden. Alle derzeit rund 50 Aktiven arbeiten ehrenamtlich – ohne Kostenerstattungen.

Beim Hamburger Spendenparlament können alle 3.400 Mitglieder mitentscheiden, welche Projekte mit ihren Spendengeldern gefördert werden sollen. Wie muss man sich eine Parlamentssitzung und Abstimmung vorstellen?

Jedes Mitglied im Hamburger Spendenparlament hat einen Sitz und eine Stimme im Parlament. Drei Mal pro Jahr wird auf den Sitzungen demokratisch darüber entschieden, ob und in welcher Höhe Spendengelder bewilligt werden.

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Foto: www.spendenparlament.de

Statt automatisch Spendengesuche zu erfüllen, werden Fragen gestellt, Diskussionen angestoßen und Kontakte mit Gleichgesinnten geknüpft.

Alle Antragsteller sind stets persönlich vor Ort. Unsere Mitglieder erleben also unmittelbar, mit welcher Energie die “Macher” hinter ihren Projekten stehen, erfahren die spontane Freude, wenn sie Fördermittel bewilligen und die Enttäuschung, wenn Anträge wenig Zuspruch finden. Dadurch entsteht Nähe und ein besonderes “Wir-Gefühl”, das es bei anonymen Spenden nicht gibt.

Jeder Antrag, der zur Abstimmung ins Plenum gelangt, wird zuvor von einem internen Expertengremium, der Finanzkommission des Hamburger Spendenparlaments, sehr sorgfältig geprüft: Es erfolgt ein Besuch beim Verantwortlichen vor Ort, ggf. werden Referenzen eingeholt und Behörden kontaktiert. Die einmalige Kombination aus direkter Einbindung der Mitglieder in die Spendenvergabe bei hoher Qualität in der Auswahl der förderungswürdigen Projekte stellt sicher, dass ausschließlich nachhaltige, aussichtsreiche Projekte gefördert werden.

Seit seiner Gründung 1996 hat das Hamburger Spendenparlament an sozialen Brennpunkten der Hansestadt rund 1054 Projekte mit 9,3 Millionen Euro gefördert. Was sind die wichtigsten Förderbeispiele der vergangenen Jahre?

Unsere Förderungen im Kampf gegen die Obdachlosigkeit umfassen neben vielen anderen Maßnahmen den so genannten “Mitternachtsbus”, der in den Wintermonaten regelmäßig die bekannten Übernachtungsplätze von obdachlosen Menschen besucht und diese mit heißen

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Getränken, Schlafsäcken, Isomatten und wärmender Kleidung versorgt. Außerdem engagieren wir uns für die Einrichtung von medizinischen Stützpunkten in Obdachloseneinrichtungen und Tagesaufenthaltsstätten für Obdachlose.

Foto: www.spendenparlament.de
Foto: www.spendenparlament.de

Im Förderschwerpunkt Isolation und Armut haben wir die Ausbildung und den Einsatz von “Nachbarschaftsmüttern” mit ausländischen Wurzeln unterstützt, die Familien in ihrer Muttersprache Beratungs- und Betreuungsleistungen anbieten. Dieses Projekt wird wegen seines Erfolges in sechs Hamburger Wohnquartieren und Großsiedlungen eingeführt.

Die von uns geförderten “Babylotsen” betreuen sozial schwache Familien mit Neugeborenen vor, während und nach der Geburt. Das Projekt wird nach der von uns mitfinanzierten Pilotphase in allen Hamburger Geburtskliniken eingeführt.

Außerdem helfen wir dem Projekt “Hände für Kinder”. Das ist eine Einrichtung für die Kurzzeitpflege von schwerst- und mehrfach behinderten Kindern. Die pflegenden Eltern sollen Gelegenheit haben, sich zu erholen und Kraft zu schöpfen.

Foto: www.spendenparlament.de
Foto: www.spendenparlament.de

Weitere Förderobjekte sind unter anderem Frauenhäuser, Asylbewerberunterkünfte, Bildungsprojekte, Sozialkaufhäuser, Projekte gegen sexuelle Gewalt und Kinderschutzprojekte. Im Jugendbereich unterstützen wir diverse Kultur- und Mitmachprojekte, insbesondere in sozialen Brennpunkten der Stadt.

Unter dem Motto “Mithelfen. Mitentscheiden. Mitglied werden.” wirbt das Hamburger Spendenparlament seit Anfang Juli 2014 um neue Mitstreiter.

Welche Möglichkeiten der Mithilfe gibt es?

Das “Erfolgsgeheimnis” des Hamburger Spendenparlaments liegt in seiner Stärke von aktuell rund 3.400 Mitgliedern. Schon mit den Mitgliedsbeiträgen (ab 60 Euro im Jahr) kommt eine stattliche Größenordnung von Fördermitteln zusammen – im Unterschied zur aktuellen Situation von Stiftungen mit ihren verschlechterten Erträgen.

Da die Anträge auf Förderung in den letzten Jahren auf über 800.000 Euro jährlich zugenommen haben, müssen rund 60 Prozent der Gesamtjahresförderung aus anderen Quellen (Firmen, andere private Spender, Testamente) kommen. Deshalb ist auch die Gewinnung von neuen Mitgliedern sehr wichtig für uns. Wer ehrenamtlich tätig werden möchte, kann dies in der Öffentlichkeitsarbeit, in der Finanzkommission oder in der Büro-Mitgliederbetreuung des Spendenparlaments tun.

Mittlerweile ist das Hamburger Spendenparlament zum “Exportschlager” geworden: Es gibt 16 deutsche und acht ausländische Spendenparlamente, die sich das Modell zum Vorbild genommen haben. Könnten Sie sich vorstellen, Initiativen aus weiteren Städten und Kommunen mit Ihren Erfahrungen zu unterstützen?

Initiativen aus anderen Städten erhalten von uns jede mögliche Unterstützung: Von der Kopie unserer Satzung bis hin zu Beratungsgesprächen und Tipps, welche Fehler zu vermeiden sind und welche Voraussetzungen vorliegen sollten. Außerdem bieten wir Einblick in unsere IT-Programme zur Mitgliederbetreuung, in die Buchhaltung, in Statistiken und in Parlamentssitzungen. Zuletzt haben wir mit Spendenparlamenten in Bonn und Kiel kooperiert. Neue Interessenten wenden sich einfach an mich (jobst.boehning@gmx.de).

Das Gespräch mit Jobst Böhning führte Astrid Triebsees.

Weitere Informationen gibt es bei www.spendenparlament.de und auf der dazugehörigen Facebook-Seite.

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