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Lachen verbindet

Nathan Anderson/ Unsplash
Nathan Anderson/ Unsplash

Über die positiven Wirkungen des Lachens

Jeder Mensch kann von Anfang an, schon als Säugling, lachen, um Bindung herzustellen. Humor ist in allen sozialen Kontexten wichtig, auch in der Erziehung, um gute Bedingungen für das Lernen zu schaffen. Lachforscherin Dr. Charmaine Liebertz über Lachen, Freude und Glückshormone.

Fragt man die promovierte Erziehungswissenschaftlerin und Leiterin der Gesellschaft für Ganzheitliches Lernen Dr. Charmaine Liebertz, ist das Lachen und Lächeln die älteste Ausdrucksform des Menschen. Die Expertin für die Pädagogik des Lachens und ehemalige Lehrerin weiß in Theorie und Praxis, wovon sie spricht.

„Lange bevor der Mensch sprechen konnte, lachten wir bereits. Ein Blick in die Primatenforschung belegt, dass zwei von vier Menschenaffen bereits lachen können – die Schimpansen und die Bonobos. Dies dürften sie evolutionär an den Menschen weitergegeben haben.“

Zum anderen hätten sich die beiden Sprachzentren im Gehirn – die sog. Broca/Wernicke- Zentren – nach Wissen der Gehirnforschung wesentlich später entwickelt als das Lachnetzwerk im Gehirn. „Das Lachen ist also eigentlich die älteste Friedensbotschaft“, so Dr. Liebertz. „Diese Geste nutzen wir auch in jedem Urlaub, wenn wir uns sprachlich nicht verständigen können, aber ausdrücken möchten, dass wir nichts Böses im Schilde führen.“

„Das Lachen ist die älteste Friedensbotschaft“

Genetisch festgelegt ist die Heiterkeit oder Ernsthaftigkeit ihrzufolge wohl kaum. „Man kann nicht sagen, dass es ein Humor- oder Lach-Gen gibt. Doch wenn wir Kleinkinder betrachten, kann prinzipiell jeder Mensch von Anfang an lachen, um eine Bindung mit der Umwelt herzustellen.“

Die Friedensfähigkeit ist dem Menschen also ebenso angeboren wie seine kriegerischen Potentiale. Die Frage ist eher, wie man aufgewachsen ist und welche Vorbilder man frühkindlich und regional hatte.

„Hier im Rheinland sucht man überall die Gelegenheit zu lachen, weil man auch weiß, wie gesund dies für Körper und Psyche ist.“ Doch die Veranlagung zur Heiterkeit gebe es eben nicht. „Hier muss man Verantwortung für sich übernehmen und darf diese nicht auf seine familiäre Prägung abwälzen“, findet Dr. Charmaine Liebertz.

Lachen als soziales Bindemittel

Neben dieser Friedensgeste, die Aggressionen zwischen Menschen minimiert, hält der Human- und Verhaltensbiologe Prof. Dr. Carsten Niemitz das Lachen für ein wichtiges soziales Bindemittel.

„Am besten sehen wir das Bindungsvermögen des Lächelns und Lachens beim Säugling, der noch nicht sprechen kann“ erläutert Dr. Liebertz. Wenn uns ein Säugling allerdings „mit seinem ganzen Charme so verführerisch anlächelt, können wir gar nicht anders als ihn bestens zu versorgen.“ Eine Gruppe, Freundschaft oder Ehe, in der nicht gelacht wird, hätte zu wenig dieses Bindemittels und somit ein soziales Bindungsproblem.

„Zu 80 Prozent lachen wir ohne kognitiven Grund. Wenn mir jemand aus Versehen auf die Füße tritt, wird er in den meisten Fällen entschuldigend lächeln.“ Wichtig ist zu wissen, dass das Lachen nicht überall in gleicher Weise verfügbar sei. In anderen Kulturen, Familien, Freundeskreisen oder Arbeitsteams ist das Lachen nicht auf dieselbe Art zu wecken und werde nicht auf dieselbe Art verstanden.

Hierarchielächeln und Berufslächeln

Anders sähe es aus, wenn man das Lachverständnis nicht nur kulturell und evolutionär betrachte, sondern auch gesellschaftlich. In der Soziologie des Lachens wird Liebertz zufolge davon gesprochen, dass Menschen auch künstlich lachen, wenn es sein muss. Etwa, um die Position des Gruppenführers zu stärken.

„Zu sagen, dass der Witz des Chefs einfach wunderbar ist – obwohl er uns bei einem anderen Menschen nicht ein müdes Lächeln wert wäre – solche Verhaltensweisen üben wir alle unbewusst aus.“ Das Lachen über die Witze einer hierarchisch höher gestellten Person verhilft dem Witzerzähler nämlich, in einer Gruppe besser angesehen zu werden.

„Wenn ich bewusst nicht über den Witz eines Arbeitskollegen lache, mache ich damit deutlich, dass es zwischen mir und dem anderen knirscht.“ Im Gegensatz zu diesem eher unbewussten Hierarchielächeln wird das Lächeln in bestimmten Berufsgruppen auch als „Berufslächeln“ eingesetzt – etwa bei Verkäufer:innen und Steward:essen – offenbar sei ein solches nicht-authentisches Lächeln und erzwungenes Freundlichsein sogar eine Risikofaktor, ein Burnout zu entwickeln.

Doch dass Menschen gemeinsam einfach über alle Situationen hinweglachen könnten, sei bei schweren Krisen kaum möglich. Die Vorstellung, dass ein Paar während einer Beziehungskrise einfach einen lustigen Film ansieht oder miteinander spielt, sei schön, aber nicht immer realistisch.

Zumal die Bereitschaft, etwas an einer Krise zu ändern, nicht immer gleich stark ausgeprägt sei. Wenn allerdings beide Partner in einer Krise sich selbst eine Art „Lachtherapie“ oder eine Art „Lachyoga“ verordnen, so stärke das die Bindung, gute Atmosphäre und Gesundheit in einer Beziehung.

Lachen als Lernverstärker

Die Erziehungswissenschaftlerin Liebertz betont, dass Humor das Lernen fördert: „Wer das Lachen beim Lernen ausschließt, wie die Pädagogen des 19. Jahrhunderts, der schwächt die jungen Menschen. Warum das Lachen beim Lernen so elementar ist?

„Weil beim Lachen vermehrt die Glückshormone Serotonin und Dopamin ausgeschüttet werden. Es ist also durch eine humorvolle Pädagogik möglich, neuronale Verknüpfungen nachhaltig zu gestalten, Aufmerksamkeit zu wecken, Ängste abzubauen, positive Assoziationen mit Lerninhalten zu verknüpfen und den Gruppenzusammenhalt und die Fehlertoleranz der Lernenden zu stärken.“

Genauso sei es für die Bindung in einer Familie wichtig, dass man gemeinsam witzelt, lacht und blödelt, damit Kinder auch diese Seite erfahren. „Wir haben im Leben zwei Koffer zu tragen. Den des Ernstes und den des Humors. Hierzulande ist oft der Ernstkoffer viel schwerer.“

Das sei auch normal für Phasen wie Krisen, Trennung oder Todesfälle.„Wir sollten jedoch den Humor pflegen und zu uns selbst sagen: Meine Güte, jetzt habe ich schon lange nicht mehr gelacht!“ Dann helfe, sich zu fragen: Mit wem könnte ich ins Lachen kommen? Wer ist ein guter Lachfreund für mich? Gibt es einen Film, der mich wieder zum Lachen bringt?

Weltweit erforschen Gelotologen (Lachforscher) die emotionalen und sozialen Wirkungen des Lachens auf den Einzelnen und die Gruppe. Unser Lachen ist der Schlüssel zur Bindung. Es schlägt die Brücke vom Ich zum Du schneller als jedes Wort.

Kulturübergreifend verstehen wir seine kommunikative, ordnende und befreiende Funktion. Wer eine humorvolle Pädagogik fördert, steigert die Lernleistung, stärkt das Gruppengefühl und erhält die Lernfreude.

Foto: privat

Dr. Charmaine Liebertz, Erziehungswissenschaftlerin, ausgebildete Lehrerin Sek.I; wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Köln (Heilpädagogik). Seit 1996 leitet sie die Gesellschaft für ganzheitliches Lernen e.V. und hält europaweit Vorträge. Sie ist Autorin von pädagogischen Fachbüchern, wie dem “Schatzbuch des Lachens. Grundlagen, Methoden und Spiele für eine Erziehung mit Herz und Humor”, München 2016.

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