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Langsamer, tiefer, näher

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Ein anderer Blick auf den Wohlstand

In ihrem neuen Buch beschäftigt sich Vivian Dittmar mit dem Thema Wohlstand. Sie regt an, tiefer darüber nachzudenken, was uns wirklich reich macht, zum Beispiel Muße, erfüllende Beziehungen, Kreativität und Verbundenheit mit der Natur. Hier veröffentlichen wir einen Auszug aus ihrem Buch.

 

 

Auszug aus dem Buch: Vivian Dittmar. Echter Wohlstand – Warum sich die Investition in inneren Reichtum lohnt. Kailash Verlag 2021.

Die Maxime des alten Wohlstandsparadigmas wird gerne mit den drei Begriffen »schneller, höher, weiter« zusammengefasst. Eine einfache Möglichkeit, sich auf ein neues Wohlstandsverständnis auszurichten, ist die Umkehrung dieser Begriffe.

Statt nach Beschleunigung zu streben, werden wir bewusst langsamer. Durch diese Umkehr erschließen wir uns Zeitwohlstand und schaffen Raum für Kreativität, Beziehungen und bewusstes Leben. Genauso sind die langsameren Lösungen oft die ökologischeren.

Statt in die Höhe zu streben, wenden wir uns der Tiefe zu. Die Jagd nach immer neuen Rekorden und Superlativen, um unserem Tun Bedeutung zu verleihen, weicht der Suche nach einer tieferen Verbindung mit uns selbst, miteinander, mit der Natur und der Heiligkeit des Lebens.

Diese Tiefe lässt uns die einfachen Dinge wertschätzen, da wir neu lernen, mit ihnen verbunden zu sein. Wir lernen, das Wunder des Lebens zu schätzen. Dadurch schwindet unser Interesse an den vermeintlichen Wunderwerken technologischen Fortschritts. Wir beginnen, diese nüchterner zu betrachten.

Kailash Verlag

Wir erkennen sie als Werkzeuge, die an sich weder gut noch schlecht sind, deren Wirkung jedoch von dem Bewusstsein bestimmt wird, mit dem sie gelenkt werden. Solange wir als Menschheit nicht fähig sind, mit der Macht, die sie uns verleihen, verantwortungsvoll umzugehen, wird keine noch so fantastische technologische Innovation unsere Situation verbessern. Als letzter Wendepunkt bleibt die Abkehr vom Streben nach Weite und die Hinwendung zur Nähe. Das gilt sowohl für unsere Beziehungen, in denen wir Nähe neu lernen, als auch für unsere Versorgungsstrukturen. Relokalisierung ist durch die Corona-Krise zu einem breit diskutierten Thema geworden, als plötzlich offensichtlich wurde, wie labil eine global vernetzte Wirtschaft ist.

In der Alternativszene hingehen wird schon seit Jahrzehnten im Stillen daran gearbeitet, regionale Versorgungsstrukturen zu erhalten oder neu entstehen zu lassen. Sie sind nicht nur ökologisch verträglicher, sie sind resilienter und ermöglichen einen direkten Bezug zwischen den Menschen, die in einer Region leben und wirtschaften. Diese Nähe gibt Halt – emotional, aber auch ganz praktisch.

Nicht darauf warten, dass Veränderungen von oben geschieht

Ich denke, dass es nicht ausreicht, wenn du persönlich dein Leben etwas mehr auf echten Wohlstand ausrichtest. Wenn wir wirklich an einer Welt interessiert sind, die für alle funktioniert, können wir Politik nicht den Reichen und Mächtigen überlassen.

Sie sind gefangen in den Diktaten ihrer eigenen Rollen und spielen nach den Regeln des Homo oeconomicus, der jedoch ein Mensch ohne Herz, ohne Gewissen und ohne Anstand ist. Ich will damit nicht sagen, dass sie böse sind. Sie sind es meines Erachtens nicht mehr als du oder ich. Doch sie sind genauso gefangen in dem Hamsterrad des einseitigen Strebens nach materiellem Wohlstand wie unzählige andere Menschen, vielleicht sogar noch mehr.

Wir können nicht darauf warten, dass Veränderung von oben geschieht – das war in der Geschichte noch nie der Fall. Es waren immer ganz normale Menschen wie Sie und ich, die an bestimmten Punkten feststellten, dass es einer Veränderung bedarf, und die begannen, sich dafür einzusetzen, ohne zu wissen, ob sie jemals Erfolg haben würden.

Wir stehen heute erneut an einem solchen Scheideweg der Geschichte. Lassen wir zu, dass die Interessen einiger weniger gegen das Wohl aller ausgespielt werden? Geben wir uns damit zufrieden, Konsumentinnen zu sein, oder übernehmen wir Verantwortung als Gestalterinnen unserer Gesellschaften? Denn auch das sind wir.

Ob es uns bewusst ist oder nicht und ob es uns gefällt oder nicht: Wir gestalten die Gesellschaften in denen wir leben, jeden Tag. Je nachdem, womit wir unsere Zeit verbringen, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, was wir als selbstverständlich erachten, wo wir Einspruch erheben und wo wir schweigen. Wenn wir unseren Gestaltungsraum nicht bewusst nutzen, tun andere dies für uns.

Mit freundlicher Genehmigung des Verlages

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