Dokumentarfilm über Desmond Tutu und den Dalai Lama
Eine tiefere Freude entsteht nicht einfach so, sie ist die Frucht innerer Arbeit – das ist die Quintessenz der Weisheit von Desmond Tutu und dem Dalai Lama. Der Dokumentarfilm, seit Juli 2022 in den Kinos, zeigt intensive Gespräche der beiden langjährigen Freunde, die trotz Leiden und Krisen ihre Heiterkeit und Zuversicht bewahren konnten.
Das Lachen und die Heiterkeit, die die Begegnungen zwischen dem Dalai Lama und Desmond Tutu (1931-2021) prägten, sind ansteckend. Unwillkürlich wird man als Zuschauer in den Bann zweier Menschen gezogen, die sich durch viele leidvolle Situationen hindurch Zuversicht und Freude bewahrt haben.
Desmond Tutu, den 2021 verstorbenen anglikanischen Erzbischof von Kapstadt, und den Dalai Lama verband eine Jahrzehnte lange, tiefe Freundschaft. Der Dokumentarfilm ilm „Mission Joy“, der im Juli 2022 in die Kinos kam, stellt beide mit ihrer Lebensgeschichte vor.
Im Mittelpunkt stehen Gespräche, die sie auf Initiative der Filmemacher in 2015 beim Sitz des Dalai Lama in Indien einige Tage lang geführt hatten. Der eine Christ, der andere Buddhist – beide sind sich einig, dass Glück entsteht, wenn man anderen dient.
„Wenn du Glück suchst, kommt es nicht, schon gar nicht von außen. Die Quelle des Glücks liegt innen“ weiß Tutu, und ergänzt: „Freude ist der Lohn für das Bemühen, anderen Freude zu bereiten.“ Beim Dalai Lama klingt es so: „Wenn du ein glückliches Leben führen willst, helfe anderen.“
„Wenn es Ungerechtigkeit gibt, kannst du nicht neutral sein.“
Scheinbar diametral zu der heiteren Gesprächsatmosphäre stehen die von vielen Schwierigkeiten geprägten Lebensgeschichten der beiden Männer, die der Film auch erzählt und mit Bildern und Archiv-Videoaufnahmen belegt.
Tutu wuchs in Armut unter dem Apartheidregime auf, studierte Theologie und wurde Erzbischof von Kapstadt. Er war eine der zentralen Figur der Opposition in Südafrika und engagierte sich leidenschaftlich für Menschenrechte und Gerechtigkeit.
Wenn es Ungerechtigkeit gibt, so Tutu, kann man nicht neutral sein. Dann bedeutet schweigen, sich auf die Seite der Unterdrücker zu stellen. „Man muss sich entscheiden: Bin ich auf der Seite der Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit?“ Später war Tutu Vorsitzender der Wahrheits- und Versöhnungskommission in Südafrika.
Der Dalai Lama, als Wiedergeburt des 13. Dalai Lama anerkannt, musste seine Familie als Kind verlassen, um die traditionelle spirituelle Ausbildung zu durchlaufen und spirituelles und politisches Oberhaupt von Tibet zu werden. Im Rückblick nennt er es „mein Leben in einem goldenen Käfig“.
Doch im Alter von 24 Jahren besetzte die chinesische Armee Tibet, und er musste aus seiner Heimat fliehen, einer der bittersten Momente seines Lebens. Trotz der widrigen Umstände gelang es ihm, das Leiden zu verwandeln: „Als Flüchtling hatte ich neue Möglichkeiten. Ich bevorzuge das Leben als Flüchtling, weil es mehr Chancen bietet zu lernen und sich zu entwickeln.“
„Wir können nur gemeinsam menschlich sein“
Immer wieder das Kichern zweier Männer. „Hier treffen sich zwei Schelme, das ist wunderbar“, so der Dalai Lama. Sie verstanden sich als spirituelle Brüder, die sich necken und aufziehen. „Leider ist er ein Christ“, scherzt der Dalai Lama. „Leider ist er ein Buddhist“, lacht Tutu.
Auch Weggefährten der beiden Männer kommen zu Wort, etwa Tutus Tochter, und der langjährige Dolmetscher des Dalai Lama. „Die wichtigste Lektion, die ich von meinem Vater gelernt habe“, so die Tochter Tutus, „ist, sich Zeit für Gebet und Stille zu nehmen. Das hatte für ihn die höchste Priorität. Alles andere ergibt sich daraus“.
Zwischendurch wird der Filmemacher und Erzähler Louie Psihoyos eingeblendet, der die Gespräche geführt und spannende Fragen gestellt hat. Sein Anliegen war es, “die Weisheit dieser beiden großen Männer für uns heute zugänglich zu machen.“
An einer Stelle fragt er: „350 Millionen Menschen leiden unter Depression und Hoffnungslosigkeit. Was können wir tun?“ Der Dalai Lama sagt spontan: „Warmherzigkeit und Freundlichkeit machen den Unterschied“.
Tutu entgegnet: „In Afrika haben wir die Idee von „Ubuntu“, die er dann so erklärt: „Ein Mensch wird durch andere zum Menschen. Wir können nichts, ohne von anderen zu lernen. Es ist unsere Natur, dass wir uns um andere kümmern. Wir können nur gemeinsam menschlich sein.“
Das ist das Geheimnis der Freude und die Botschaft dieses Films: Eine tiefere Freude entsteht nicht einfach so, sie ist die Frucht innerer Arbeit und der Kunst, Herausforderungen und Probleme zu verwandeln.
Ein Film, den man sich immer mal wieder zu Gemüte führen kann, um sich zu stärken, zu orientieren und aufzuheitern.
Birgit Stratmann
Mission Joy. Freude und Zuversicht in bewegten Zeiten. Regie: Louie Psihoyos, mindjazz pictures 2022