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Mit Verlusten gut umgehen

CameronStow/ Unsplash
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Online-Hilfe für Trauernde

Trauer ist wichtig, um Verluste gut zu verarbeiten. Das braucht Zeit und manchmal auch Hilfe von außen. Die Malteser bieten mit „Via. Trauer neu denken“ eine digitale Trauerbegleitung an, hauptsächlich per E-Mail. Weiterhin gibt es die Möglichkeit, örtliche Trauergruppen aufzusuchen.

 

Nach dem Tod eines Nahstehenden geraten Menschen manchmal in eine schwere Lebenskrise. Daraus gehen sie in aller Regel wieder gesund hervor. Trotzdem spüren viele, dass sie das Thema Sterben und Tod bis zu diesem Zeitpunkt oft ausgeblendet, ja im Alltag vielleicht sogar vermieden haben.

Betrifft es sie dann plötzlich selbst, wissen viele kaum, wie sie mit den vielen starken, ungewohnten Gefühlen umgehen sollen. Auf den Schock nach dem Verlust werden Trauernde mit einer Vielzahl von Gefühlen, Reaktionen und Problemen konfrontiert. Dazu zählen neben dem Schmerz, der Trauer, der Sehnsucht nach dem Verstorbenen auch Gefühle wie Wut, Verzweiflung und der Sorge, wie das Leben nun weitergehen kann.

Diese Aspekte laufen nicht geordnet nacheinander ab, sondern können parallel bestehen. Viele Trauernde berichten, dass die Intensität und das empfundene Chaos mitunter dazu führen, dass sie sich selbst fremd sind.

Fest steht: Trauer braucht Zeit. Trauer kostet Kraft. Um gerade in dieser enorm kräftezehrenden Lebenskrise zu helfen, begleitet der Malteser Hilfsdienst e.V. (MHD) Menschen seit Jahrzehnten in ihrer Trauer getreu ihres Leitsatzes „…weil Nähe zählt“. Die Basis dafür ist den Maltesern zufolge die mitmenschliche Begegnung und ein christliches Grundverständnis.

Hilfe per E-Mail

Für eine passgenaue Beratung hat der Hilfsdienst in 2021 seine Dienste erweitert, um auch jene Menschen zu erreichen, die eher digital unterwegs sind – mit der Online-Plattform „Via. Trauer neu denken. Online Trauerbegleitung“. Trauernde, die Hilfe brauchen, können rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche eine E-Mail schreiben. Freiwillige Helferinnen und Helfer, die besonders geschult sind, beantworten die Nachrichten ebenfalls per E-Mail.

Iris Zinkand ist eine der Trauerkoordinatorinnen des neuartigen Onlineangebots. Die zündende Idee für das Projekt der Malteser sei aufgrund interner Beobachtungen der Mitarbeitenden entstanden: „Manche Trauernde können oder möchten die Angebote vor Ort nicht wahrnehmen. Sei es, weil sie kleine Kinder haben oder Ängste, die sie daran hindern“, verdeutlicht Zinkand.

Der Vorteil von Online sei auch, dass die Menschen nachts, am Wochenende oder an den Tagen schreiben könnten, an denen es ihnen besonders schlecht geht. „Das bietet den Trauernden die Möglichkeit, ihre Gefühle dann zu äußern, wenn sie akut auftreten.“

Offenbar gibt es für das Angebot eine Nachfrage. Die Anfragen haben sich verdoppelt: vom 661 im ersten auf über 1200 im zweiten Jahr. Neue Freiwillige werden von den Maltesern angeworben.

Die Digitale Trauerbegleitung betrachtet der Malteser Hilfsdienst nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zu örtlich-analogen Trauerangeboten. „Das eine schließt das andere nicht aus“, bekräftigt Zinkand: „Denkbar ist auch, dass beide Formen der Verarbeitung eines Verlusts gleichzeitig wahrgenommen werden können – eine Trauergruppe vor Ort zu besuchen und sich via E-Mail unterstützen zu lassen.“

Wenn es  sozial nicht mehr erwünscht ist, über Trauer zu sprechen

Und so geht es: Die Erstanfragen kommen auf der Beratungsplattform an und werden innerhalb von 48 Stunden beantwortet. Die Arbeit übernehmen Ehrenamtliche, die einen Beratungsleitfaden und eine Grundqualifizierung zum Thema Trauer und Onlineberatung erhalten, so dass sie gut vorbereitet sind.

In der ersten Mail informieren die Ehrenamtlichen unter anderem darüber, wie eine schriftbasierte Begleitung aussieht, wann sie selbst erreichbar sind und wie häufig sie schreiben können Manche sind auch am Wochenende erreichbar, andere können dreimal die Wochen schreiben.

„Auf Seite der Trauernden ist alles dabei – sei es, dass die Mutter viel zu früh verstorben ist und Trauernde damit überfordert sind und sich nachts an uns wenden. Oder dass ein Angehöriger lebensbedrohlich erkrankt ist und die Nahestehenden uns kontaktieren, um sich auf den drohenden Verlust vorzubereiten und nach dem Tod aufgefangen zu fühlen“, erzählt sie.

Bei anderen sei ein geliebter Mensch vor Jahren verstorben. Dann hätten sie erlebt, dass es sozial nicht mehr erwünscht scheint, darüber zu reden. Wieder andere trauern um ihr langjähriges Haustier oder fühlen sich an einem Jahrestag besonders traurig.

Auf Wunsch kann die Beratung anonym in Anspruch genommen werden. Sie erfolgt auf einer geschützten Plattform. Dort gibt es auch einen “Inforaum”, in dem Hintergrundwissen z.B. zu den verschiedenen Trauerphasen vermittelt wird.

Sollten Ratsuchende analoge Unterstützungsangebote benötigen, können die Berater entsprechende Anlaufstellen vermitteln.

Wissen, dass jemand Anteil nimmt

Die Ratsuchenden haben die Möglichkeit, sich anonym zu registrieren und können somit in ihrem geschützten Raum bleiben. Sie müssen sich nicht zeigen, nicht das Haus, die vertraute Umgebung verlassen. Sie sitzen niemanden direkt gegenüber. Das kann helfen, sich ohne Scham, ohne Tabus alles von der Seele zu schreiben – mit dem Wissen: Da ist jemand auf der anderen Seite, die zuhört und Anteil nimmt.

Trauer ist der Weg, gut mit Verlusten umzugehen, weiß die Trauer- und Palliative-Care-Expertin Zinkand. „Denn beim Trauern schafft man mit all ihren gleichberechtigten Emotionen Sehnsucht, Erinnern, Dankbarkeit ebenso wie Verzweiflung, Wut und Enttäuschung einen Platz, um das Ereignis einordnen und weiterleben zu können“.

Trauer helfe dabei, den Verlust einzuordnen, zu verstehen und sich an das neue Leben ohne die geliebte Person anzupassen. „Es geht eben auch sehr darum, mit den Veränderungen, die der Verlust mit sich bringt, umgehen zu lernen. Trauern ist eine menschliche Fähigkeit. Schon kleine Kindern trauern bereits, wenn sie den Verlust eines Kuscheltiers verarbeiten müssen,“ sie die Psychologin.

Problematisch werde es immer dann, wenn Menschen ihrer Trauer überhaupt keinen Raum geben und diese aktiv und über sehr lange Zeit wegdrücken. „Das kann zu persönlichen Schwierigkeiten führen – wie etwa Verbitterung, Beziehungsprobleme oder fehlendes Grundvertrauen ins Leben.“

Gerade hier ist auch die Qualifikation der Trauerbegleitenden entscheidend. „Unsere Ehrenamtliche brauchen Wissen über Trauer, Qualitäten wie Empathie, zwischenmenschliche Wertschätzung und eine Haltung die ein Grundvertrauen in die Fähigkeit und Ressourcen des Trauernden selbst ausdrückt:

„Jeder trauert auf seine Weise, in seinem Tempo und in seiner Art. Es gibt kein richtig und kein falsch, kein Schema F. Es ist wichtig, den Trauernden dabei zu unterstützen, seinen Weg zu gehen, und ihm das Zutrauen spüren zu lassen, dass er diesen – seinen individuellen Weg – schon finden wird.“

Maria Köpf

Mehr Infos: Via. Trauerbegleitung Online

Infos über Trauer

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