Ein Film über das Unternehmen Upstalsboom
Wie sieht die Zukunft der Unternehmen aus? In seinem Film „Stille Revolution“ zeichnet der Regisseur Kristian Gründling ein idealistisches Unternehmerporträt von Bodo Janssen, Firmenchef der Hotelkette Upstalsboom, als Vorreiter einer humanen Arbeitswelt.
„Wir wollen eine Arbeitswelt schaffen, in der jeder genau das tun kann, was ihm als Mensch wirklich wichtig ist“, so Bodo Janssen. Wie es dazu kam, dass der Unternehmer Werte wie Nachhaltigkeit und Menschlichkeit lebt, erzählt der Kinofilm in nahezu heroisierender Weise.
Für Regisseur Kristian Gründling steht die Arbeitswelt vor einem nachhaltigen Kulturwandel. Bildgewaltig und mit überzeichneten Naturaufnahmen skizziert der ehemalige Werbefilmer den Weg Jannsens vom Normalo-Unternehmer zu einem empathischen Chef.
Jannsen, der als junger Mann entführt wurde und dessen Vater bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, sah sich plötzlich vor die Verantwortung gestellt, die elterliche Hotelkette zu übernehmen. Bis dahin hatte er ein selbstgefälliges und oberflächliches Jetset-Leben als Model und Barkeeper in der Hamburger Szene geführt.
Mitarbeiterbefragung: „Ein anderer Chef soll her“
Anfänglich setzte er bei der Firmenübernahme auf alte Denkmuster, das traditionelle hierarchische Führungsmodell und auf ein Managementsystem mit Zahlen, Daten, Fakten. Selbstzufrieden sonnte sich der frisch gebackene Manager im Erfolg. Dann der Schock. Eine Mitarbeiterbefragung ergab 2010 niederschmetternde Ergebnisse: Ein anderer Chef sollte her.
Bodo Jannsen war erschüttert. Er begann radikal umzudenken, ging zunächst ins Kloster und belegte Kurse in der Benediktinerabtei Münsterschwarzach bei Pater Anselm Grün. Zwei Aussagen des Paters, mit dem er später ein Buch veröffentlichte, beeinflussten seinen Lebensweg entscheidend. Der erste lautete: „Nur wer sich selbst führen kann, kann andere führen.“ Der zweite: „Führung ist Dienstleistung und kein Privileg.“
Der Film zeichnet eindrucksvoll den Wandel eines Firmenchefs nach, der heute seine Mitarbeiter in jeder Hinsicht fördert und wertschätzt, der ein Chef zum Anfassen ist und wirtschaftlich erfolgreich. 2016 wurde das Unternehmen beim Arbeitgebervergleich Top-Job mit Platz 1 und dem Siegel „Bester Arbeitgeber im Deutschen Mittelstand“ ausgezeichnet.1
„Betriebsausflug“ auf den Kilimandscharo
In jedem Fall ist das Engagement des geläuterten Hotel-Unternehmers für seine Belegschaft beeindruckend. Man kann im Film soziale Aktionen bestaunen wie die Unterstützung eines Schulprojektes in Ruanda und einen „Betriebsausflug“ mit hoch motivierten und glücklichen Mitarbeitern von Upstalsbooms auf den Kilimandscharo.
Doch sind solche Maßnahmen wirklich dienlich auf dem Weg zu einer nachhaltigen Veränderung der Unternehmenskultur? Nicht erklärt wird etwa, wie solche Reisen oder die Talentförderung der Mitarbeiter (der ambitionierte Koch kann in die Finanzbuchhaltung wechseln) finanziert werden. Oder wie andere Unternehmen solche aufwändigen Mitarbeiterförderungen finanziell und zeitlich konkret realisieren könnten. Und ob ein Wandel nicht auch etwas weniger spektakulär möglich ist.
Der Kinozuschauer sieht plakative, wohl inszenierte Interviewausschnitte mit gefälliger Hintergrundmusik von renommierten, überwiegend männlichen Experten – weißen alten Männern – aus Wissenschaft und Wirtschaft. Neben Götz Werner, dm-Chef, Thomas Sattelberger, Personalvorstand der Telecom treten u. a. auch der Neurobiologe Gerald Hüther mit kurzen Statements auf und sprechen sich für neue Formen der Unternehmensführung aus. Es fallen Sätze, die fast schon Allgemeinplätze sind, wie: „Wir haben in der Vergangenheit viel Know-how gewonnen. Aber wir haben das Know-why verloren.“
Paradigmenwechsel der Unternehmenskultur
Das ethische Anliegen des Regisseurs und sein Einsatz für einen nachhaltigen Kulturwandel der Arbeitswelt sind glaubhaft. Der Film setzt Impulse und macht Mut für Veränderung einer inhumanen Unternehmenskultur, die immer mehr Arbeitnehmer krank macht. Der Film ist sehenswert und setzt Akzente für Innovationen in der Arbeitswelt ohne veraltete hierarchische Unternehmensstrukturen.
Dennoch blitzt immer wieder der Werbefilmer hervor mit glatten überzeichneten Filmaufnahmen, z. B. wie Bodo Janssen in voller Anzugmontur unter Wasser nach unten schwebt. Gründling inszeniert die wundersame Erfolgsgeschichte der Wandlung von Jannsen vom Saulus zum Paulus. Man hätte sich eine nüchternere Inszenierung des Sujets gewünscht, eben einen Dokumentarfilm wie etwa „Stopping“ von Florian Opitz oder „From Business to being“ von Hanna Henigin und Julian Wildgruber.
Fakt ist, dass eine alte kapitalistische, autoritäre Unternehmens- und Führungskultur überholt ist und ins Wanken gerät. Kritisch diskutiert werden sollte jedoch auch über die Details eines solchen Paradigmen-Wechsels, wenn nicht mehr die Ausbeutung der Mitarbeiter im Mittelpunkt steht, sondern die Förderung der Potenziale und Talente.
Wie es zur Zusammenarbeit von Filmemacher Kristian Gründling und Bodo Janssen kam, erfährt man im Flyer zum Film. „Erschöpft vom eigenen kreativen Schaffen als Werbefilmregisseur und auf der Suche nach dem Sinn seiner Arbeit lernte Kristian Gründlich den Unternehmer Bodo Janssen kennen.“ So entstand der Film nach einer Vision von Bodo Janssen.
Sehr engagiert und offen stellte sich Regisseur Gründling am Ende des Filmes bundesweit in vielen Breitwandkinos den (wie hier in Gauting bei München) schier endlosen Publikumsfragen, die ein sichtlich großes Interesse am Kulturwandel der Arbeitswelt zeigten.
Michaela Doepke
Anmerkungen:
1 Die zeag GmbH ist Organisatorin von TOP JOB und ETHICS IN BUSINESS. TOP JOB überprüft bereits seit 2002 das Personalmanagement mittelständischer Unternehmen und gilt damit als einer der Pioniere unter den Arbeitgebersiegeln.
Trailer zum Film: www.die-stille-revolution.de