“Theater soll wachrütteln!”

Schauspielerin Minni Oehl

Company-Chefin Minni Oehl engagiert sich für Wasser

Die Bühnenshow „Aqua Qua Dabra“ setzt sich künstlerisch mit der bedrohten Ressource Wasser auseinander. Für Company-Chefin Minni Oehl ist dies mehr als ein Theaterprojekt, es ist ein ethisches Anliegen. Michaela Doepke besuchte sie in ihrem Künstlerhaus bei Wasserburg.

Mainstream ist nicht ihr Ding. Kommerz schon gar nicht. Der Rückzug in die Natur, wo die Gedanken zur Ruhe kommen, ist für sie ein starkes Bedürfnis. Mit dem Künstlerhaus in Hart, einem umgebauten alten Bauernhaus, das sie seit 2011 bewohnt, ist für die Schauspielerin und Theaterautorin Minni Oehl ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen. Hier sind Theater und Leben für sie endlich nicht mehr getrennt, hier kann sie ihren Ideen freien Lauf lassen.

Minni Oehl stand einst auf großen Bühnen wie dem Residenztheater in München und wirkte bei legendären Inszenierungen wie z. B. von András Fricsay mit. Bewusst und mutig kehrte sie bereits 1999 dem kommerziellen Theaterbetrieb und Staatsschauspiel den Rücken. Heute will sie als politisch engagierte Künstlerin und Autorin selbstbestimmt leben und arbeiten.

Kreatives Arbeiten im Künstlerhaus

Minni nennt ihren Rückzugsort liebevoll „He(a)rt“. Er liegt idyllisch in der Nähe von Wasserburg am Inn, nur 50 Kilometer von München entfernt, wo sie vor 16 Jahren die Minni Oehl-Company gegründet hatte. Grüne und unberührte Natur, wohin das Auge reicht. Das malerisch gelegene, 1856 erbaute Bauernhaus schmiegt sich in die hügelige Wiesenlandschaft, umgeben von Wald, mit Blick auf einen Wasserteich … und lädt zum Verweilen ein. Hier ist für sie konzentriertes, kreatives und freies künstlerisches Arbeiten möglich.

minni Oehl, Schauspiel Wasser „Um den vielfältigen Anforderungen unserer Welt gewachsen zu sein, brauchen wir Unterstützung durch die Natur“, sagt sie überzeugt. Nicht nur Profis und Theaterbegeisterte sind herzlich eingeladen, nach Hart zu kommen und sich eine Auszeit zu nehmen. Auch Sommercamps für junge Künstler und Jugendliche mit Schwitzhüttenritualen organisiert sie an diesem magischen Ort.

Manchmal lebt sie dort allein, manchmal in einer bunt gewürfelten Künstlergemeinschaft, die je nach Projekt wechselt. Heute zum Beispiel probt die Theatercrew des Wasserprojektes „Aqua Qua Dabra“ live am Naturteich im Garten für die Aufführung am Wochenende. Ich sitze neben Dieter Seidel, der schon 2014 bei der Uraufführung im Wasserkunstmuseum auf der Elbinsel in Hamburg Regie führte, und lausche der Probe im Freien. Die Akustik in der landschaftlich einmaligen Kulisse ist überraschend gut.

Aus dem Wald erschallt betörender Gesang der Opernsängerin Anahita Ahsef. Auch die Hauptakteure, Minni Oehl und Ingo Braun, kommen aus ihrem Versteck im Wald und laufen, verhüllt unter einer langen Stoffplane, die Wasser symbolisiert, Richtung Teich, bei dem das Schauspiel stattfindet. Sie spielen anfangs Außerirdische, die das kostbare und weltweit gefährdete Gut Wasser auf dem Planeten Erde entdecken. Später spielt Minni in wechselnden Rollen die kapitalsüchtige Konzernchefin, die Wasser privatisieren will, und Ingo einen Politiker, der Wasser für jedermann fordert. Es entspinnen sich groteske und teils humorvolle Dialoge, die das Publikum zu Lösungen für das globale Wasserproblem inspirieren.

Kunst soll Verborgenes sichtbar machen

Warum die Autorin Minni Oehl, die das Stück über fünf Jahre lang entwickelt hat, sich für das Thema Wasser engagiert? Wir sitzen jetzt in ihrem stilvoll eingerichteten großen Wohnzimmer mit Kamin auf dem weißen Teppichboden. Die attraktive Schauspielerin umgibt sich am liebsten mit Schönheit. Dennoch scheint sie nicht eitel zu sein oder Probleme mit dem Altwerden zu haben. Sie hat einige Krisen hinter sich und will heute ihrem Leben Sinn geben und sich selbst treu bleiben, auch wenn das mit Verzicht verbunden ist.

„Als Künstler ist es unsere Aufgabe, Dinge sichtbar zu machen, die bisher im Verborgenen geblieben sind, und andere Menschen emotional zu berühren.“ Ihr Anspruch ist es dabei, im Team und im Netzwerk zu arbeiten. Vor kurzem gründete sie den Verein „Aqua Vision“, der sich um Förderung von Kunst und Kultur bemüht und sich für den Erhalt der Lebensquelle Wasser engagiert.

aqua_aufführungAngetrieben von dem brennenden Wunsch, etwas Sinnvolles für unsere Welt zu tun, schrieb sie das Stück „Aqua Qua Dabra“. Minni ist überzeugt, dass wir Sensibilität im Umgang mit Wasser entwickeln müssen. „Unsere Welt, in der die Ressourcen von Trinkwasser immer kostbarer werden und die Anzahl der Menschen ständig steigt, stellt uns und zukünftige Generationen vor immer größere Herausforderungen“, sagt sie.

Auf ihrem Weg schlossen sich ihr viele gleichgesinnte Menschen an. „Es ist eine professionelle Bühnenshow mit einer engagierten Botschaft, die überall gespielt werden kann, wo sich ein Publikum findet, das sich für das hohe Gut Wasser verantwortlich fühlt. Die Zeit ist reif!“, so ihre Überzeugung.

Sie empört sich über eine Politik, die die Wasserversorgung privatisiert, wo Wasserknappheit herrscht. „Das passiert vor den Augen der Bevölkerung ohne Mitspracherecht, z. B. in Afrika.“ Wasser ist für sie ein Sinnbild, wie man mit dem Leben umgeht

Seit rund sieben Jahren konzentriert sich ihre Theaterarbeit auf schamanische Inhalte. So versteht sie das Naturelement Wasser als eine uns alle verbindende Kraft. Minni Oehl: „Die rituelle Magie des Theaters (aus der griechischen Katharsis) soll einen kollektiven Heilungsprozess einleiten, der einen anderen, bewussteren Umgang mit unserem Lebensspender Wasser ermöglicht.“

„Wir als Künstler müssen etwas für die Welt tun!“

Mit dem Medium Theater will sie ihren konkreten Beitrag leisten. Sie will die Zuschauer emotional wachrütteln, damit sie Verantwortung übernehmen und sich zusammenschließen. Agitation durch das Theater findet sie in Ordnung. Daher will sie bewusst provozieren gegen einen kontrollierenden Staat, der sich dem Diktat des Geldes unterworfen hat. Und sie wehrt sich gegen ein System, das dafür sorgt, dass sich die Welt selbst ausverkauft.

Ihr Credo: „Die Rettung der Menschheit liegt im Schutz der Natur und des Wassers. Wir als Künstler tun etwas dafür und Sie können die Vision mit uns teilen.“ Ihre Vision ist eine Gesellschaft von unten, die gemeinsame menschliche Werte teilt und sich für den Lebenserhalt des Planeten Erde einsetzt.

Um ihre Botschaft zu verbreiten, sucht sie nach Menschen und Persönlichkeiten, die ihr künstlerisches Wasserprojekt unterstützen. Dennoch verzichtet sie bewusst auf Werbung, außer bei Website und Flyern. „Unter ethischen Gesichtspunkten schadet es mir mehr als es nützt.“ Heute kommen Fans und Unterstützer auf Umwegen. Sie glaubt eben an sich, ihre Botschaft und bleibt sich treu.

Mehr über die Künsterlin:

www.minni-oehl.de

www.aqua-qua-dabra.de

Audio: Minni Oehl spricht über ihre Arbeit und Motivation:

 

 

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare

Aktuelle Termine

Online Abende

rund um spannende ethische Themen
mit Referenten aus verschiedenen Disziplinen
Ca. 1 Mal pro Monat, kostenlos

Auch interessant

Foto: privat

Weisheit heißt, Fakten und Wirklichkeit anzuerkennen

Interview mit Zen-Meisterin Nicole Baden Roshi Wenn wir den Kontakt zur Wirklichkeit verlieren, leiden wir, ist die Zen-Meisterin Nicole Baden überzeugt. Sie spricht im Interview über eine offene Haltung als Basis für Weisheit, falsche Gedanken und warum es nicht klug ist, sich mit der Realität anzulegen.
Blake Cheek/ Unsplash

Mit starken Emotionen konstruktiv umgehen

Vortrag der Psychotherapeutin Dr. Jana Jeske Die Fähigkeit, Emotionen zu regulieren, ist wichtig für ein gelingendes Leben und gute Beziehungen. Psychotherapeutin Jana Jeske stellt ein Emotionsmodell vor, das hilft, Emotionen zu verstehen und unbewusste Reaktionsmuster zu durchbrechen. Mit etwas Übung kann ein konstruktiver Umgang mit starken Gefühlen gelingen.

Newsletter abonnieren

Sie erhalten Anregungen für die innere Entwicklung und gesellschaftliches Engagement. Wir informieren Sie auch über Veranstaltungen des Netzwerkes Ethik heute. Ca. 1 bis 2 Mal pro Monat.

Neueste Artikel

Foto: JSB Co I Unsplash

„Journalisten wollen keine Moralapostel sein“

Interview mit ZEIT-Redakteur Ulrich Schnabel Der klassische Journalismus verliert an Einfluss. Gleichzeitig grassiert die Desinformation. ZEIT-Redakteur Ulrich Schnabel spricht im Interview über Vertrauensverluste, Angriffe der Rechtspopulisten, das journalistische Gebot der Neutralität und wie schwierig es ist, sachlich über das zu berichten, was wichtig ist.
Cover Dalai Lama Stimme für die Entrechteten

Dalai Lama: 70 Jahre gewaltfreier Kampf für Tibet

Die politische Autobiografie des Dalai Lama Der Einmarsch chinesischer Truppen in Tibet 1950 traf die Tibeter unvorbereitet, der Dalai Lama war erst 15 Jahre alt. In diesem Buch erzählt er seine politische Geschichte und wie er 70 Jahre versuchte, sich mit Dialogbereitschaft gegen die Unterdrückung zu wehren. Ein Plädoyer für Demokratie, Gewaltlosigkeit und ein politisches Engagement, das von Mitgefühl und nicht von Hass getragen ist.
Tom Seger/ Unsplash

Klimagefühle sagen uns: Tu was!

Audio-Interview mit einer Psychologin Die Klimakrise zu verdrängen und zu verleugnen kostet viel Energie, die wir besser für den Klimaschutz einsetzen sollten, sagt Katharina van Bronswijk, Mibegründerin der Psychologists for Future. Ein Gespräch über schwierige Gefühle und wie wir ins Handeln kommen.
Cover Mike Kauschke "Im Gespräch"

Poesie in einer wunden, wundervollen Welt

Impulse für mehr Lebendigkeit im Leben Wie können wir mehr Platz für das Poetische im Leben schaffen? Autor Mike Kauschke sieht in der Poesie die Möglichkeit, sich dem Leben zu öffnen: dem, was beglückt, genauso wie dem, was schmerzt. So kann ein neues Weltverständnis gedeihen, das auf Verbundenheit beruht.