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Wer den digitalen Giftmüll entsorgt

THE CLEANERS © gebrueder beetz filmproduktion
THE CLEANERS © gebrueder beetz filmproduktion

Der Film „Cleaners“

Im Internet gibt es verstörende Bilder von Gewalt und sexuellem Missbrauch. Damit Menschen davon unbelästigt in sozialen Netzwerken unterwegs sein können, gibt es die „Cleaners“, die das Internet durchpflügen, und entscheiden, was gelöscht wird. Der Film “The Cleaners” dokumentiert ihre Arbeit.

 

Die ganze Welt spiegelt sich im Internet – alles Menschenmögliche. Doch was darf veröffentlicht werden und was nicht? Der Film „Cleaners“ von Moritz Riesewieck und Hans Block macht auf ein Phänomen aufmerksam, das viele Internetnutzer nicht kennen: Internetkonzerne wie Google, Youtube, Twitter und Facebook beschäftigen über Drittfirmen Menschen in armen Ländern, die das Netz auf „verdächtige Inhalte“ durchkämmen. Die Billiglöhner leben auf den Philippinen und sind auf so einen Job angewiesen.

Die Cleaners sind ausschließlich damit beschäftigt, sich Fotos und Videos von Gewalt, Krieg, Sex, Kinderpornos, Missbrauch anzuschauen und zu entscheiden, was davon gelöscht werden soll. Sollvorgabe: 25.000 Bilder pro Tag. Sie wissen anfangs nicht, was auf sie zukommt, werden kaum auf ihre Arbeit vorbereitet und zur Geheimhaltung verpflichtet. Psychische Unterstützung erhalten sie nicht.

„Wir sorgen für Ordnung im Netz“

Der Film, der am 17. Mai 2018 startet, dokumentiert die Arbeit der Cleaners, die beschönigend Moderatoren („Content Moderators“) genannt werden. Wie sie einsam an ihren Bildschirmen sitzen, was sie über ihre Arbeit berichten und welche Überzeugungen sie haben oder sich angeeignet haben.

Um den psychisch belastenden Job überhaupt tun zu können, sprechen einige davon, dass sie sich als „Polizisten“ verstehen, die für „Ordnung“ im Netz sorgen. Oder als diejenigen, die die Nutzer „beschützen“ und „die Plattformen sauber halten“.

Die Filmemacher fangen ein, was die Cleaners erzählen. Um die verstörenden Bilder nicht zu zeigen, haben sie die Kamera auf die Gesichter der Moderatoren gerichtet, während diese an ihren Bildschirmen sitzen, und den Ton aus den Videos hörbar gemacht. So hat der Zuschauer teil an der düsteren, beklemmenden Atmosphäre.

Auf der anderen Seite kommen Repräsentanten von Google und Facebook zu Wort, etwa Mark Zuckerberg, der davon schwärmt, dass das Netz Menschen verbindet und ein Ort sei, Demokratie zu leben und in offenen Austausch zu gehen.

Auch Kritiker werden interviewt, die Facebook „Zensur“ vorwerfen, z. B. weil der Konzern Deals mit Regierungen wie der Türkei aushandelt, um Menschen davon abzuhalten, mit Hilfe der Plattformen gegen das System zu rebellieren. Auch hier werden Inhalte gelöscht, „illegale“ Inhalte, wie ein Repräsentant von Facebook diese nannte.

Unter dem Label „Terrorismus“ verschwinden auch Bilder aus dem Krieg in Syrien von den Plattformen, die auf andere Weise Zeugnis von der Gewalt ablegen, als Regierungen und Armeen es darstellen. Nicole Wong von Google gibt zu: „Was terroristisch ist und was nicht, ist schwer zu entscheiden.“

Auf der anderen Seite wird Facebook in diesem Film dafür kritisiert, Hassreden zu dulden und Hetzpropaganda nicht zu löschen, etwa im Fall der Rohingas, die aus Burma fliehen mussten. Die Gewalt gegen die muslimische Minderheit in dem Land wurde durch die sozialen Medien noch angefacht, ohne dass Facebook einschritt.

Versteckte Zensur

Der Film ist beklemmend, aber auch lehrreich. Wir sollten uns mutig den Spiegel vorhalten lassen. Die meisten sind sorglos bei Facebook und Co. unterwegs, ohne zu wissen, was wirklich abläuft.

Von dem Film lernen wir, welchen Preis Menschen zahlen müssen, damit wir posten und liken können. Und wir erfahren etwas über die vielen Widersprüche: Was ist Zensur, welche Inhalte werden unzulässigerweise gelöscht? Was ist Hassrede und wo ist der Umgang damit zu lax? Und sollen eine Handvoll Konzerne wirklich die Verantwortung dafür tragen, was im Internet veröffentlicht wird und was nicht, und diese an Billiglöhner delegieren?

Es ist das Verdienst der Filmemacher, auf das Schicksal der Cleaners aufmerksam zu machen, wenn auch aus einem distanziert-intellektuellen Blick. Aus dieser Perspektive erscheinen die Cleaners schnell als diejenigen, die sich als Polizisten aufspielen, aber mit der Aufgabe, was zu löschen ist und was nicht, heillos überfordert sind. Man hätte sich gewünscht, einige von ihnen näher kennenzulernen, um ihre Sorgen und Nöte besser zu verstehen.

Birgit Stratmann

Der Film „The Cleaners“ ist ab 17. Mai 2018 in den deutschen Kinos zu sehen.

 

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