Ein Film über das politische Leben der Aktivistin
Die weltbekannte indische Aktivistin Vandana Shiva hat ihr Leben in den Dienst der Erde gestellt und sich auch mit den Mächtigen angelegt. Der Film zeigt die Bandbreite ihres Engagements – für die Lebensgrundlagen und die Freiheit Kleinbauern. „Ethik muss unser Denken und Handeln bestimmen,“ so ihre Botschaft.
Wer kennt es nicht, das Gefühl, machtloser Zuschauer der Zerstörung in dieser Welt zu sein? Dieser Film, eine Hommage an die bekannte indische Umweltaktivistin Vanadana Shiva, zeigt, was ein Mensch bewirken kann, wenn er sich mit anderen verbindet und politisch handelt.
Geboren in den Wäldern des Himalaya führte sie ihr Lebensweg zum Studium der Physik u.a. nach Kanada, wo sie promovierte. Zwei Schlüsselerlebnisse, die Zerstörung eines Waldes in ihrer Heimat und die Chemie-Katastrophe in Bhopal 1984, ließen sie von nun an für die Erde kämpfen: gegen die Pestizid- und Gentechnikindustrie, für Biodiversität und Ökolandbau, für die Freiheit von Saatgut und die Rechte der Kleinbauern. Dass es in Indien keine genmanipulierte Nahrung gibt und Saatgut nicht patentiert werden darf, ist auch ihrem Einsatz zu verdanken.
Ihr Wissen und die Fähigkeit, Zusammenhänge zu durschauen, ihre große Liebe zur Natur sowie die Kraft ihrer Rede werden in dem Film lebendig nachgezeichnet. „Ethik muss unser Denken und Handeln bestimmen“, ist die Aktivistin überzeugt. „Wir brauchen ein Wirtschaftsmodell, das sich an den Grenzen der Erde und an Gerechtigkeit und Gemeinwohl orientiert.“
Auf Demonstrationen und Protestkundgebungen zeigt sie Missstände auf: „Der Krieg gegen die Erde fängt in den Köpfen der Menschen an, der Männer, die Macht und Kapital haben“, erklärt sie. Bekannt wurde sie als Anführerin im Kampf gegen den Konzern Monsanto, heute Bayer-Monsanto. Davon erzählt der Film ausführlich.
Kampf gegen Monsanto
1987 verkündete die Biotech-Industrie, dass sie gentechnisch veränderte Lebensmittel und Saatgutpatente weltweit verbreiten wollten. Doch Vandana Shiva sieht, dass es ihnen nicht darum geht, den Hunger zu bekämpfen, sondern Geld zu verdienen: „Wer das Saatgut kontrolliert, kontrolliert das Leben“, bringt sie es auf den Punkt.
Monsanto wollte den Kleinbauern ihr genmanipuliertes teures Saatgut verkaufen, dies sei resistent gegen Schädlinge und liefere mehr Ertrag. Doch das erweist sich als falsch. Die Bauern werden nicht nur abhängig vom Saatgut, sondern auch von Pestiziden. Viele Bauern verschuldeten sich, rund 250.000 nahmen sich das Leben.
Vandana Shiva deckte die Abhängigkeit auf, ging in die Dörfer, um aufzuklären und startete Kampagnen gegen die Agroindustrie, die sie als „Giftkartell“ bezeichnet. Hunderttausende Menschen gingen in Indien für ihre Freiheit und eine sichere Ernährung auf die Straßen.
Doch die Aktivisten setzte nicht nur auf Protest, sondern auch auf Lösungen. Sie gründete das Navdanya Institute (Neun Samen), um Saatgut zu retten, zu züchten, an die Verhältnisse des Klimawandels anzupassen und kostenlos zur Verfügung zu stellen. Auch in Afrika engagiert sie sich, damit sich dort nicht das Gleiche wie in Indien wiederholt. Und sie bildet Bauern in ökologischer Landwirtschaft aus.
„Es gibt höhere Mächte, die uns beschützen“
Natürlich macht sich Vandana Shiva nicht nur Freunde, auch darüber berichtet der Film. So nannte das Forbes Magazin sie „eine gefährliche Schwindlerin“. Im New Yorker bezeichnete Michael Scepter sie als „Endzeit-Mysterin“ und sprach ihr die wissenschaftliche Kompetenz ab. Sie erhielt Drohungen und sollte eingeschüchtert werden.
Doch die 70-Jährige gibt nicht nach und erinnert sich immer wieder an den Satz ihres Vaters: „Solange du deinem Gewissen folgst, brauchst du keine Angst zu haben. Es gibt höhere Mächte, die uns beschützen.“
Am Ende des Films erleben wir eine versöhnliche Umweltaktivistin in ihrem kleinen Garten in Indien. „Wir müssen unsere Verbundenheit mit der Erde begreifen,“ sinniert sie.
„Für mich spielt es keine Rolle, ob ich eine Rede in Kopenhagen halte oder ein Samenkorn rette, die Wirkung ist dieselbe. Du kannst in jeder Sekunde entscheiden, zu welchem Potenzial du dich entwickeltst. Du kannst gedankenlos deinem Ego folgen oder du kannst mit jedem Schritt ein Gespür dafür entwickeln, was als nächstes kommt.“ Eine sehenswerte und ermutigende Dokumentation. Filmstart ist ihr 70. Geburtstag, der 5. November 2022, in Deutschland ab 1. Dezember.
Birgit Stratmann
Vandana Shiva – Ein Leben für die Erde, Film von Camilla Becket und James Becket, mindjazz pictures 2022
2022 erschien auch ihre Autobiografie: Terra Viva – Mein Leben für eine lebendige Erde. Verlag Neue Erde 2022
Mehr Infos zu Vandana Shiva in deutscher Sprache auf ihrer Website