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Weisheit – der Weg der Selbsterkenntnis

Weisheit ist ein Thema, das Menschen in allen Kulturen und Religionen beschäftigt; in China, Indien, in der antiken Philosophie, in indigenen Kulturen. Es scheint vielfach Übereinstimmung darin zu geben, wer für weise gehalten wird. Weisen Menschen wird zugeschrieben, dass sie sich selbst und andere auf einer tieferen Ebene verstehen, Zusammenhänge sehen und die Perspektive wechseln können. Entsprechend sind sie gelassen und in der Lage, besonnen und zum Wohle des großen Ganzen zu handeln. Damit beinhaltet Weisheit sowohl Selbsterkenntnis als auch Mitgefühl für andere.

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Weisheit in der westlichen Philosophie

Im Westen wird Weisheit mit der Philosophie in Verbindung gebracht, die ja als „Liebe zur Weisheit“ definiert ist. Vom antiken Philosophen und Staatsmann Cicero ist der Satz überliefert, Weisheit bedeute, “sich um seine Seele zu kümmern und sie zu pflegen”.

Foto: privat
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Genau das war das Anliegen der stoischen Philosophie. Die Stoa ist keine abstrakte Form des Denkens, sondern gemacht für den Alltag und schwierige Lebenssituationen. Schon mit kleinen bewussten Gedanken kann man die Basis legen, um innere Ruhe und Gelassenheit zu finden. Die Philosophin Ines Eckermann hat dazu bei Ethik heute einen Vortrag gehalten und hilfreiche Denkansätze vorgestellt: Die Philosophie der Stoa für den Alltag.

Doch die akademische Philosophie heute, so sieht es der Philosoph Thomas Metzinger, sei “nicht förderlich für die geistige Gesundheit derer, die sie betreiben”. In seinem Buch “Bewusstseinskultur” (Berlin Verlag 2023) wünscht er sich eine neue philosophische Perspektive, die nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse integriert, sondern auch Meditation und Empirie.

So sieht es auch der Philosoph Michael Hampe, der als Professor an der ETH Zürich gern die Weisheit zurück in die Philosophie und ins Leben holen würde. Gerade heute sei es ratsam, sich mehr auf innere Qualitäten zu konzentieren. “Krisen und Zerrüttungszustände sind gute Zeiten für die Entwicklung von Weisheit”, so Hampe im Interview. Und: “Nur die Erkenntnis ist ein nachhaltiges Gut, das nie weniger wird, auch wenn man sie weitergibt.”

Weisheit hilft auch, wenn es darum geht, schwierige Lebenssituationen und Krisen zu meistern. Der Philosoph Albert Kitzler, der in seiner Arbeit östliche und westliche Weisheitstraditionen verbindet, hat dazu einen Artikel geschrieben: “Erdulden, was wir nicht ändern können”. Darin zitiert er Konfuzius: “Der Weise versteht, Unglück in Glück zu verwandeln”. Da das viele von uns überfordern dürfte, rät Kitzler dazu, wenigstens das Beste aus der gegenwärtigen Situation zu machen und im Übrigen, zu erdulden, was wir nicht ändern können.

Gert Scobel über Weisheit

Foto: Jens Nagels
Foto: Jens Nagels

Für Gert Scobel, Fernsehmoderator und Autor („Weisheit – über das, was uns fehlt“, DuMont 2017), ist Weisheit „die Fähigkeit, mit Komplexität umzugehen, und zwar auch in Situationen, die kritisch oder existentiell bedrohlich sind.“ Es ist damit auch die Kunst, das Leben und damit die Herausforderungen des Alltags zu meistern. Lesen Sie dazu ein Interview mit Scobel

Nicht nur in der Philosophie ist Weisheit ein Thema, sondern auch in den Religionen und in der Psychologie. Einen Überblick über die verschiedenen Aspekte der Weisheit gab Gert Scobel in einem Vortrag. Diese hielt er in der Vortragsreihe „Weisheit – alte Traditionen, wieder aktuell“ auf Einladung von Netzwerk Ethik heute in Kooperation mit der Universität Hamburg. Zum Vortrag – Audio- oder Video-Datei

Im Buddhismus wird Weisheit auch mit Achtsamkeit in Verbindung gebracht. Hier dient Achtsamkeit als Basis der persönlichen Entwicklung und Tor zur Weisheit im Sinne einer tieferen Erkenntnis der Wirklichkeit. Birgit Stratmann stellt in ihrer Einführung in die Achtsamkeit verschiedene Ansätze der Achtsamkeit vor und wie sie helfen kann, eine Einsicht in die Verbundenheit allen Lebens hervorzurufen.

Die Psychologie der Weisheit

Die empirische Weisheitsforschung als recht junger Zweig der Psychologie geht der Frage nach, welche Kompetenzen man braucht, um mit den großen Problemen des Menschseins umzugehen und damit ein weises Leben zu führen. Wie kann eine Transformation hin zu mehr Weisheit gelingen?

Weisheit besteht nicht in einer einzigen Eigenschaft, sondern in einem Konglomerat von Faktoren. Paul Balthes (1939-2006), Leiter des Max-Plank-Instituts für Bildungsforschung, hat im Rahmen seiner Altersforschung erkundet, welche Fähigkeiten zur Weisheit gehören. Es sind u.a.:

  • die Fähigkeit, mit Ambiguität und Widersprüchen umzugehen
  • die Fähigkeit, sich nachhaltig zu verhalten und zu denken
  • auf andere Menschen eingehen zu können
  • Problemlösungen zu finden

Emotionale Intelligenz, also die Kapazität, konstruktiv mit den eigenen Emotionen und denen von anderen umzugehen, gehört ebenfalls dazu. Es gibt also eine ganze Palette von Kompetenzen, die mit Weisheit verbunden sind.

Die Weisheitstherapie

Professor Michael Linden von der Berliner Charité hat die sog. Weisheitstherapie mitentwickelt, insbesondere zur Heilung von Verbitterungssyndrom und Problemen bei der Bewältigung von großen Belastungen. In einem Vortrag auf Einladung des Netzwerks Ethik heute in Kooperation mit der Universität Hamburg nannte er zehn Weisheitskompetenzen, die Resilienz fördern. Dazu gehören:

  • die Fähigkeit zum Perspektivwechsel
  • Empathie
  • Emotionen regulieren zu können
  • Wertrelativismus
  • Ungewissheitstoleranz

Hier geht es zum Vortrag von Prof. Linden – Audio- und Videoformat

 

Weisheitstraining online – Perspektiven aus Ost und West

Maikirmscher/ Photocase
Maikirmscher/ Photocase

Das Netzwerk Ethik heute hat ein „Weisheitstraining“ in vier Modulen entwickelt. Das Weisheitstraining ist ein intensiver Online-Kurs für alle, die Impulse für inneres Wachstum suchen, sich mehr Tiefe und Lebensqualität wünschen und ihre mentale Gesundheit in Krisenzeiten stärken wollen. Es verbindet auf einzigartige Weise praktische Philosophie, Meditation und Dialog.

Die Referenten kommen aus verschiedenen Disziplinen: Es sind Philosophen, Therapeuten und Meditationslehrer. Damit können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Thema aus verschiedene Perspektiven betrahcten. Die Workshops bestehen aus Wissensvermittlung, Dialog und Meditation.

Das Training soll nicht Weisheit vermitteln, sondern Impulse und Anregungen geben, damit jeder seinen eigenen Zugang zur Weisheit findet.

Das Online-Training bietet:

Achtsamkeit als Basis der Persönlichkeitsentwicklung

Orientierung: Dialoge über Sinn, Ethik und das Gute Leben, auch in Krisenzeiten

Gemeinschaft: Gespräche über persönliceh Erfahrungen und wichtige Lebensfragen

Innere Arbeit: Emotionen verstehen und angemessen ausdrücken

Stärkung: Vertrauen, innere Balance und Mitgefühl kultivieren

Handeln: Verbundenheit mit anderen entwickeln und ins Handeln bringen

Selbsterkenntnis: Sich und andere in einem größeren Zusammenhang sehen und besonnen handeln

Vier Module

1. Achtsamkeit und Selbsterkenntnis – Sich selbst und andere tiefer verstehen

2. Modul: Die innere Landschaft erkunden – Die Arbeit mit Emotionen

3. Modul: Veränderungen wagen – Positive Kräfte stärken

4. Neu sehen: Freiheit und Verbundenheit in vernetzter Welt

Ein Modul geht über vier bis fünf Monate. Die Module können einzeln belegt werden.

Mehr Infos zum Weisheitstraining

Ursula Baatz I Foto: Katrin Bruder
Ursula Baatz I Foto: Katrin Bruder

Dr. Ursula Baatz

Ursula Baatz ist Religionswissenschaftlerin und Philosophin, mit Lehraufträgen an verschiedenen österreichischen Universitäten. Sie arbeitete viele Jahre als Religions- und Wissenschaftsjournalistin bei Radio Ö1/ORF. Gelegentlich schreibt sie auch Bücher (z.B. Achtsamkeit – der Boom. Hintergründe, Methoden, Perspektiven V&R 2023).

Foto: privat
Foto: privat

Kirsten Baumbusch

Kirsten Baumbusch ist Journalistin und arbeitet in der Kommunikation einer großen Stiftung in Heidelberg. In ihren Ausbildungen zur Coach und Mediatorin hat sie erkannt, wie viel Freude es machen kann, Menschen bei der Entwicklung ihrer Persönlichkeit zu fördern. Sie ist stets auf der Suche nach Mutmachergeschichten. Mehr Infos

Jo Magrean
Jo Magrean

Dr. Heidi Bennent-Vahle

Dr. Heidemarie Bennent-Vahle ist Philosophin und Logotherapeutin, sie betreibt eine Philosophische Praxis in Henri-Chapelle/Belgien. Sie ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der IGPP (Internationale Gesellschaft für Philosophische Praxis), Mitherausgeberin des Jahrbuchs und Mitglied des BVPP (Berufsverband Philosophische Praxis). Autorin mehrerer Bücher, u.a. “Besonnenheit – eine politische Tugend” 2020 und “Weltverflochtenheit, Verletzlichkeit und Humor” 2022.

Foto: privat
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Sabine Breit

Sabine Breit ist Unternehmerin, Beraterin, Autorin und Konferenzdolmetscherin. Die studierte Sprachwissenschaftlerin beobachtet und analysiert mit Leidenschaft, wie die Dinge funktionieren und wie es besser gehen könnte – in der Arbeitswelt und darüber hinaus. www.logoslogos.de

Foto: Markus Brügge
Foto: Markus Brügge

Dr. Nicolas Dierks

Dr. Nicolas Dierks ist Philosoph und Autor bei Rowohlt, u.a des SPIEGEL-Bestsellers „Was tue ich hier eigentlich?“ (2014) und „Luft nach oben“ (2017). An der Leuphana Universität Lüneburg leitet er das Zertifikats-Studium „Digitale Ethik“. Er erforscht die Frage, wie wir unsere digitale Zukunft verantwortlich gestalten können.

Foto: privat
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Dr. Ines Eckermann

Dr. Ines Eckermann schreibt Essays für Ethik heute. Sie ist fest in die Redaktionsarbeit eingebunden. Zudem arbeitet sie als Journalistin, Illustratorin und Buchautorin. Als ausgebildete Yogalehrerin und Seelsorgerin gibt sie Entspannungs- und Yogakurse. www. satzzeichnerin.de

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